Die
Botschaft der 23sten Inkarnation
Einleitender Appell!
Dieser Abschnitt
des Buches ist eigentlich nur geschrieben, um dafür Sorge zu
tragen , dass du es, ich meine dieses Buch, das du in den
Händen hältst, sofort aus den Händen nimmst und ins
Regal stellst.
Denn...
Eigentlich ist es nicht zu empfehlen,
dieses Buch zu lesen.
Wenn es Dir geschenkt worden ist, solltest
Du darüber nachdenken, wer es Dir geschenkt hat und den Schenker
sofort verdächtigen, Dich manipulieren zu wollen.
Leg es
lieber zur Seite.
Pack das Buch ein, verschenke es
weiter.
Vielleicht an jemanden, den Du nicht leiden kannst.
Dieses
Buch ist nämlich gefährlich.
Wer es ernsthaft liest,
läuft Gefahr, hinterher ein anderer Mensch zu sein.
Er läuft
Gefahr, die Worte dieses Buches zu glauben, sie nicht als Humbug
abzutun und dann...
Leg es lieber zur Seite.
Sag nicht, Du
wärest nicht gewarnt worden.
Dieses Buch kann genau so gut
manipulieren, wie die Bhagavat-Gita; in diesem Zusammenhang fiel mir
als erstes die Bhagavat-Gita ein, weil sie für mich so
überzeugend war, als ich sie im Alter von etwa fünfunddreißig
Jahren gelesen habe, dass ich genau weiß, was ich in jüngeren
Jahren nach der Lektüre dieses Buches gemacht hätte. Ich
würde wohl seitdem Hare Krsna singenderweise durch die Lande
ziehen.
Du solltest also schon gefestigt sein, wenn Du dieses Buch
nicht weiterverschenkst oder einfach in ein Regal stelltest.
Nur,
wenn Du es in ein Regal gestellt hast, was sagst Du dann deinen
Gästen, wenn sie fragen, ob Du es gelesen hast?
Stell es
lieber in die hinterste Ecke.
Ich jedenfalls übernehme keine
Verantwortung.
Was hier steht ist die Wahrheit, wie sie ist,
vielleicht bin ich der erste, der sich traut, sie zu verkünden,
aber ob ich mich letztendlich mit diesem Wissen wohler fühlen
kann, als vorher...
Sag nicht, ich hätte Dich nicht
gewarnt.
Dieses Buch zu lesen erwartet ein
Verantwortungsbewusstsein für sich und den Planeten, sowie für
die Mitmenschen.
Vielleicht hast Du ja Glück und bei dieser
Ausgabe handelt es sich um einen Sonderdruck. Wir haben bei jeder
zehnten Ausgabe auf den Text innerhalb des Buches verzichtet, weil
wir ihn für gefährlich halten.
Jeder Mensch, der sich
für normal hält, sollte spätestens jetzt das Buch zur
Seite legen oder hoffen, dass die folgenden Seiten nicht bedruckt
worden sind.
Dieses Buch verändert.
Niemand kann
es lesen, ohne in seinem tiefsten Selbst verändert oder
erschüttert zu werden. Ich kann allerdings tatsächlich
keine Empfehlung geben, wie alt ein Leser mindestens sein sollte.
Manch einer kann es lesen, wenn er in Rente gegangen ist, ein anderer
wenn er sein Studium abgeschlossen hat.
Außerdem ist es so,
dass die Zeit drängt, also fangen wir an.
*
Aller Anfang ist schwer.
Seit ich mich erinnern
kann, stand ich solchen oder ähnlichen Sprichwörtern eher
skeptisch gegenüber, bis...
Ja bis ich gerade beim Anfang
dieses Buches feststellen musste, wie wahr Sprichwörter sein
können.
Der Titel des Buches stand schon sehr früh fest,
DIE BOTSCHAFT DER DREIUNDZWANZIGSTEN INKARNATION.
Um
ehrlich zu sein, war dieses Buch schon seit langer Zeit in
irgendeiner Form präsent, wenn wir tiefer in die Materie
eingestiegen sind, werden wir feststellen, dass es eine
Entstehungsgeschichte hat, die über einige Jahrhunderte geht,
ohne dabei die Dramatik der jüngsten Kapitel erreichen zu
können.
Vielleicht hätte man es auch dreiundzwanzig
Biographien nennen können, wobei es sicher schwer gefallen wäre,
die notwendigen Zusammenhänge herzustellen.
Aller Anfang ist
schwer.
Wo fängt man an, wenn sich die Handlung eines Buches
über einige Jahrhunderte erstreckt?
Nun, ich konnte nicht
ganz vorne beginnen, weil ich Wert darauf legte, bei aller möglichen
Chronologie, dem Leser die Möglichkeit des Nachvollziehens zu
geben, denn ohne eine Schlüssigkeit der Ereignisse haben wir
keine Chance, das Geschehene zu akzeptieren.
Ich entschied mich
dafür, so profan wie möglich anzufangen, mit biographischen
Einzelheiten des Lebens, was sich später als die
dreiundzwanzigste Inkarnation entpuppen sollte, weil es der einzig
denkbare Anfang war, den man dem Leser zumuten konnte, denn ich kann
nicht schon auf den ersten Seiten mit Eröffnungen kommen wie,
ich habe von 1743 bis 1795 als Alchimist nach dem Stein der
Weisen gesucht.
Oder, mein Name war Polonius, meine
Argumente hießen Gewalt.
Nein, dieser Anfang ist
wirklich mehr als schwer, doch gibt es nun im Hier und Jetzt
Umstände, die mich dazu bewegen, dieses niederzuschreiben und
mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg zu
halten.
Nun werden sich einige Leser fragen, welche Wahrheit meint
der denn, diese oder jene, oder vielleicht noch eine andere?
Ich
weiß, dass es die Wahrheit in dieser Form nicht gibt. Es gibt
Erfahrungshorizonte und Realitätstunnel, die sich mehr oder
weniger erheblich von denen anderer unterscheiden.
Nun, wir
wissen, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die uns unsere
Schulweisheit nicht lehrt.
Und diese Dinge sind es letztendlich,
die übrig bleiben, wenn man sich von dem abwendet, womit die
Herren der Welt uns beschäftigen wollen. Aber wir wollen uns
hier nicht mit den Herren der Welt oder irgendwelchen
Verschwörungsszenarien beschäftigen, zum einen, weil ich
kein Interesse daran habe, dieses Buch verboten zu sehen, wie die
beiden ersten Bücher Jan van Helsings und zum anderen, weil uns
die Beherrscher dieses Planeten nur am Rande zu interessieren haben,
denn auch sie können das kommende Geschehen nicht mehr
beeinflussen, als jeder andere Bewohner dieses Planeten.
Aller
Anfang ist schwer, ein Anfang ist gemacht, wie er auch immer
gestaltet sein mag, die Frage bleibt, wie fängt man an, wenn man
etwas schreibt, was noch kein Mensch zuvor geschrieben hat, kein
Erich von Däniken, kein Jan van Helsing und kein Karl Mai, wobei
Karl Mai nur zufällig in diese Aufzählung gelangte. Ich
schätze die Werke der beiden vorgenannten sehr, denn sie haben
sicher zu einem nicht unerheblichen Teil zu dem beigetragen, was ich
als Wahrheit hier und jetzt verkünden will. Erich von Däniken
hatte den Mut als einer der ersten in aller Öffentlichkeit Paläo
Seti Thesen zu verkünden und trotz aller Anfeindungen gelang es
ihm ein Wegbereiter für viele nach ihm zu werden. Jan van
Helsing ging in seiner Recherche so weit, dass seine beiden ersten
Bücher in der Bundesrepublik Deutschland, sowie in Österreich
und Italien verboten wurden und er ein Buch über das Verbot, die
Akte Jan van Helsing schreiben konnte.
*
Gut, fangen wir an mit einem Leben, wie es viele
andere gibt, mit einem Leben, beginnend in einer deutschen Kleinstadt
in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, ohne zu
wissen, wie viele es vorher waren und, dass es überhaupt
vorherige Leben gab.
Nach Jahren normalen Lebens, kam es zu
Ereignissen, die sich puzzlesteingleich zu einem Mosaik
zusammenzufügen schienen, ohne, dass es notwendig gewesen wäre,
noch selber dabei tätig zu werden. Stein für Stein kam dazu
und fand scheinbar mühelos seinen Platz, als hätte gerade
diese Stelle des Puzzles hier und jetzt gefüllt werden müssen.
Gleichfalls einer Umkehr dessen entsprechend, was Roger Waters mit
THE WALL in genialer Weise in Szene gesetzt hatte, setzte sich bei
mir, beginnend mit meinem zehnten Lebensjahr, Stein für Stein
zusammen.
In späteren Jahren ließ sich dann auch noch
erfahren, dass es auch schon vorher Kleinstteile gegeben hatte, wie
zum Beispiel ein Ereignis das ich im Alter von etwa zwei Jahren
hatte.
Ich saß auf dem Fußboden in der Küche, in
der sich ohnehin das ganze Familienleben abspielte, vom Baden bis zum
Bumsen meiner Eltern, denn wenn sie gebumst haben, dann nur in der
Küche, denn im Schlafzimmer schlief ich.
Das Wetter muss gut
gewesen sein, denn ich erinnere mich, helles Licht zum Fenster
hereinkommen gesehen zu haben, was schon eine Seltenheit war, war
doch die Küche nicht nur der größte, sondern auch der
dunkelste Raum unserer Zweizimmerwohnung.
Was ich da erlebte war
eine Art überfallartiges Icherlebnis, vielleicht der
bewußte Eintritt in die autonome Phase, von einer Sekunde zur
anderen; so würden zumindest Freudianer argumentieren.
Ich
saß also in der Küche, inmitten meiner Spielsachen, auf
dem Boden, blickte zum Fenster auf und wurde ganz plötzlich
ich.
Alles was andere Personen waren, meine Eltern, wurden diffuse
Schatten - ich fühlte mich als Intellektueller, der von
züchtigen Bürgern der Unterschicht aufgezogen
werden sollte und ich fühlte mich uralt, weise und überlegen,
ohne diese Begriffe überhaupt zu jener Zeit gekannt zu haben.
Es
war der Augenblick, denn länger dauerte es nicht, in dem ich
erstmals klar zu denken vermochte und ich hoffe, es ist nicht der
letzte Augenblick geblieben.
Aus heutiger Sicht kann ich natürlich
viele Erklärungsversuche starten, ohne dem tatsächlichen
Geschehen damit auch nur annähernd näher zu kommen; also
lasse ich es sein.
Ich kann noch nicht einmal behaupten, dieser
Tag wäre der Beginn eines bleibenden Erinnerungsvermögens
gewesen, auch wenn ich mit Sicherheit weiß, dass mich viele
andere Menschen aufgrund meines außergewöhnlichen
Gedächtnisses beneiden. Leider scheint es tatsächlich so zu
sein, dass es einige wenige Tage in meinem Leben zu geben scheint,
von denen mir Stunden in meinem Gedächtnis fehlen, als habe sie
jemand gelöscht, wie man es bei einem Computer macht. Nur glaube
ich immer noch an die Reversibilität dessen, was ich in meinem
Leben erlebte, eben aufgrund der Tatsache, dass ich eigentlich noch
alles weiß, was mich irgendwann einmal beschäftigt hat und
weil ich weiß, dass man bestimmte Programmgruppen von
Datenbänken in Computern nicht so ohne Weiteres zu löschen
vermag, weil sie zu sehr vernetzt sind, um wesentliche Teile des
Datengefüges nicht wiederherstellen zu können. Fragt sich
nur, wer die Daten in meinem Biocomputer zu löschen versucht
hat.
Dieser Augenblick, an den ich mich so genau erinnere,
gleichsam das Erwachen meines Intellektes von jetzt oder später,
zeigte mir jedenfalls schon damals und für die kommenden Jahre,
daß die Welt nicht mit den fünf Sinnen zu erfassen und zu
begreifen ist.
Vom ersten Moment, als es irgendwie möglich
war, unterschied ich mich von anderen Menschen dadurch, dass ich
nicht alles aß.
Meine Eltern verstanden es nicht, aber für
mich war es völlig undenkbar, tierische Produkte zu essen. Ich
aß alles, so lange es sich um Pflanzen und deren Früchte
handelte. Bis zu meinem fünften Lebensjahr retteten sich meine
Eltern noch mit der Behauptung Bockwürste wüchsen auf
Bäumen und brachten mich so zu deren Verzehr. Doch als mir
niemand die Bockwurstbäume zeigen konnte, war dieses kurze
Zwischenkapitel ernährungstechnischer Fehltritte für mich
erledigt.
Wenn man in den fünfziger Jahren geboren ist und
in die sechziger hineinwächst, ist es schon eine Ausnahme, sich
ovolactovegetabil zu ernähren.
Meine Eltern hörten sich
von Verwandten und Bekannten einiges zu diesem Thema an, was zum
Glück nur zu scherzhaften Aussagen meines Vaters führte:
Es
wird gegessen, was auf den Tisch kommt!
In der Schule hatte
ich Probleme mit meiner Friedlichkeit.
Es schien, als würde
mir die Aggression fehlen, die meine Mitschüler auszeichnete.
Jahrelang führte ich diesen Umstand auf eine frühe
Intervention meiner Mutter zurück, die immer, wenn ich das Haus
verließ sagte:
Und hau keine Kinder!
In späteren
Jahren klärte sich der Grund für diese imperative
Empfehlung auf.
Ich war bis zu meinem dreizehnten Lebensjahr immer
zumindest einen halben bis einen ganzen Kopf größer, als
meine Mitschüler und dementsprechend kräftiger, so dass
meine Mutter Angst hatte, ich könne die Kinder anderer Mütter
im Rahmen körperlicher Auseinandersetzungen
verletzen.
Tatsächlich war es so, dass die Schüler in
der Schule, die zwei Jahre älter waren als ich, auch kleiner
waren, was sie dazu bewog, sich mit vier bis fünf Personen
während der Schulpausen auf mich zu stürzen...
Immerhin
hatten sie danach die Möglichkeit wahrheitsgemäß
kundzutun, sie hätten jemanden besiegt, der fast einen Kopf
größer war, als sie - das zwei Jahre geringere Alter
konnte man ja getrost verschweigen.
Auch wenn mir diese Mitschüler
nur zu zweit begegneten, nutzte ich nicht meinen körperlichen
Vorteil.
Im Jahr 1982, als ich wegen eines Unfalles im Krankenhaus
lag und aus lauter Langeweile mit einem Mitpatienten Schach spielte,
bescheinigte mir dieser, einer der besten Schachspieler seines
Bundeslandes, ich könne ein genialer Schachspieler werden, mir
fehle jedoch das Notwendigste um zu gewinnen, der
Vernichtungswille. Nur wer wirklich den Willen habe, seinen
Gegner zu besiegen, zu vernichten, könne seine Genialität
beim Schachspiel zu seinem Vorteil nutzen.
Gut, ich unterschied
mich durch zwei Kleinigkeiten von anderen Menschen, ich aß
keine Tiere und war wesentlich friedlicher als meine Altersgenossen;
aber das reichte natürlich bei Weitem nicht, die Grundlage
dessen zu sein, was mir Jahre später widerfuhr.
Im Alter von
elf Jahren ergaben sich drei Puzzlesteine, die einzeln betrachtet
ebenso banal erscheinen mögen, wie zusammen besehen. Jedoch
unter Einbeziehung der kommenden Ereignisse, erwiesen sie sich als
echte Steine in dem Mosaik, das sich bald über einige
Jahrhunderte erstrecken sollte.
Nehmen wir nun an, es handele sich
beim Vegetarismus um Puzzlestein eins und beim fehlen von Aggression
um Stein Nummer zwei, können wir nun beginnen zunächst mit
der Numerierung chronologisch fortzufahren.
Als ich elf Jahre alt
war, gab es nur zwei Fernsehprogramme und ich sah mir jedes
Wochenende die Sendung Magazin der Woche der ARD an. Da gab es einen
Beitrag über Perry Rhodan, eine Phänomen in der deutschen
Science Fiktion. Es gab ein kurzes Interview mit Walter Ernsting
einem der Gründer der Serie und einige Titelbilder zu sehen. Ich
begann nun Terra und Terra Extra Heftromane zu lesen.
In der
Fernsehzeitung fand ich einen Dreiteiler, auf den ich sofort
aufmerksam wurde. Es handelte sich um einen Französischen
Fernsehfilm, den man dem Genre Mantel- und Degenfilm zuordnen konnte.
Ich kann nicht mehr nachvollziehen, was mich an dieser
Filmankündigung in der Fernsehzeitung, wir hatten nur eine
Prisma (freitägliche Beilage zur Tageszeitung) so sehr
fasziniert hatte, dass es mir gelang, meine Eltern zu überreden,
alle drei Teile trotz später Stunde sehen zu dürfen. Heute
weiß ich, dass mein Vater für dieses Genre volles
Verständnis hatte, er meldete sich mit weit über achtzig
Jahren am Telefon noch mit DER GRAF VON MONTE CHRISTO und hatte außer
Karl Mai nur die drei Musketiere von Alexandre Dumas und Hans Dominic
gelesen.
Von Alexandre Dumas war auch der Fernsehdreiteiler
Cagliostro, dessen Handlung um die Halsbandffäre am
französischen Hof vor der Revolution gewoben war. Ich sah diese
drei Neunzigminutenfilme mit großer Konzentration und
Interesse, obwohl ich mich zu der Zeit eigentlich nur für Solo
für Onkel und mit Schirm, Charme und Melone
interessierte, und für die unglaublichen Abenteuer des
Raumschiffes Orion, aber dazu später.
Obwohl ich
zwischenzeitlich das Gefühl hatte, mich mit dem Chevalier de
Maison Rouge zu identifizieren, war es mir doch klar, wer hier der
Grund für mein Interesse war, Guiseppe Balsamo, der sich selbst
Alexandro Graf von Cagliostro nannte.
Der Chronologie wegen müssen
wir hier einen kleinen Einschub machen; ich schrieb nachdem ich mit
Science Fiktion konfrontiert worden war selber Science Fiktion
Geschichten. Einer der wichtigsten Protagonisten hieß Xen Fönö
und tauchte in einer Geschichte auf, als ich zwölf Jahre als
war, also 1968. Dieser Xen Fönö sah bis auf farbliche
Unterschiede so aus, wie die heute beschriebenen Grauen mit den
großen Augen, nur, dass er neben den farblichen Abweichungen
etwa 180 cm groß war.
Nun, wir haben fünf Steine, die
nicht zueinander passen wollen.
Was haben Vegetarismus,
Friedfertigkeit, das Lesen von Science Fiktion, das Gefallen an einem
Film über Cagliostro und das Erdenken eines
Außerirdischen, wie ihn auch andere möglicherweise
erdacht haben, miteinander zu tun?
Gut, den Xen Fönö
kann man vielleicht als Synchronizität abtun, aber nicht mehr
lange.
Im Laufe der folgenden Jahre fügten sich immer mehr
Puzzlesteine in das Mosaik ein und führten letztendlich zu einem
bewussten Beschäftigen mit diesen, zu einem bewussten
Zusammenfügen, wieder Auseinandernehmen, bis eine Art
Automatismus einsetzte, der die Einzelteile zusammenfügte, ohne
dass ich etwas dazu beigetragen hätte.
Ab meinem sechzehnten
Lebensjahr beschäftigte ich mich bewusst mit indischen
Meditationstechniken, beginnend mit der Tranzzendentalen Meditation
von Maharishi Mahesh Yogi, weitergehend über Divine Light
Mission bis zu Sivananda Sarasvati. In diesem Zusammenhang ist
weniger wichtig mit welchen yogischen Lehren ich mich beschäftigte,
als dass ich seit dem kontinuierlich yogische Übungen ausführte,
die weit über das hinausgingen, was gemeinhin als autogenes
Training bekannt ist.
Die tiefen Versenkungen in das Selbst
führten zu einem weiteren Puzzlestein, den ich im Jahr 1972 im
Rahmen einer Meditation erfuhr.
Ich schwebte durch einen Tunnel,
der grüne unregelmäßig geformte Begrenzungen aufwies,
die mich an Felsgestein erinnerten. Ich schwebte und konnte bewusst
meine Geschwindigkeit variieren.
Erst achtundzwanzig Jahre
später erfuhr ich von dem Flug der Vril 7 nach Aldebaran, der
durch einen ähnlich beschriebenen Überraum führte.
Einige
Jahre vergingen, in denen ich mich im Wesentlichen von anderen
dadurch unterschied, dass ich ein kompromissloser
Gerechtigkeitsfanatiker war, fast keinen Alkohol trank, fast nie
rauchte, mich nicht in Kneipen aufhielt und emotional nicht zu
spontanen One Night Stands in der Lage war.
Ich arbeitete einige
Zeit in der Behindertenarbeit und vertrat auch da kompromisslos die
Interessen der Schwächeren.
Viele Jahre des primären
Arbeitens sollen hier zunächst unbehandelt bleiben.
Bis auf
mein Interesse für die Thematiken Erich von Dänikens, die
Bücher Robert Anton Wilsons, Freimaurertum, Templer und die
Texte von Qumran unterschied ich mich wenig von anderen. Man
bezeichnete mich als achtundsechziger, was ich mir mit Genugtuung
gefallen ließ und hielt mich allgemein für einen
Weltverbesserer.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass man
den Begriff des Weltverbesserers immer negativ besetzt hat, was
eigentlich unverständlich ist. Ein Weltverbesserer ist ebenso
wie die heutigen Grünen jemand, der an der Zerstörung des
Planeten nicht teilnehmen will, sondern für den Erhalt des
Lebenswerten im Hinblick auf die Zukunft eintritt.
Die Zukunft,
sofern wir sie noch haben.
*
Die Holzklappe am Grunde meines
Bewusstseins
Ein längeres Gespräch mit
meiner Bekannten Anne, ich war mein Leben lang, dies bezieht sich auf
das Leben im zwanzigsten Jahrhundert, immer allem und jedem gegenüber
aufgeschlossen, obwohl ich es nie an der gebotenen Skepsis fehlen
ließ, brachte mich der Reinkarnationslehre näher.
Ich
hatte schon einige Male in tiefster Meditation einen Punkt
erreicht, der in den unterbewusstesten Bereichen meines Seins
angesiedelt war, einen Punkt, einer Höhle mit kohleartigen
Steinwänden, auf dessen Boden sich eine Art Holzplatte befand.
Immer wenn ich versuchte diese Klappe zu öffnen, war ich
entweder aus meiner meditativen Versenkung in das Wachbewusstsein
zurückgekehrt oder ich hatte die Erfahrung gemacht, plötzlich
ganz wo anders zu sein, als hätte ich einen Black Out gehabt,
oder wäre eingeschlafen, was in diesem Zusammenhang zweifelsohne
identische Konsequenzen hat.
In meinem Gespräch mit Anne ging
es um diese und ähnliche Erfahrungen. Sie wies mich darauf hin,
sie habe einige Rückführungen gemacht und habe sich da
immer unterschiedlichen Toren zu unterschiedlichen Leben
gegenübergesehen.
Ich beschloss, mit äußerster
Anstrengung und jeder, der sich mit Meditation beschäftigt hat,
weiß, dass äußerste Anstrengung in diesem
Zusammenhang alles andere bedeutet, nur nicht bewusste Anstrengung,
diese Holzklappe in meinem Unterbewusstsein zu überwinden.
Ich
bin seit ich mich erinnern kann ein begeisterter Betrachter
nächtlicher Sternenhimmel und hatte gerade nachdem ich mich zu
dieser äußersten Anstrengung entschlossen hatte ein
visuelles Erlebnis, das jeder Hobbyastronom kennt und das mit der
Anordnung der Seezellen im menschlichen Auge zu tun hat.
Ich sah
den Krebsnebel, als ich gegen 23.30 nach Osten sah.
Ich sah ihn
aber nur, wenn ich ihn nicht genau anpeilte.
Wenn ich meine Augen
genau auf ihn fokussiere, war da nichts außer der bekannten
Schwärze.
Als ich einige Sonnen in der Nähe des Nebels
besah, konnte ich ihn wieder erkennen. Sobald ich ihn genau ins Auge
fasste, verschwand er wieder.
Zapfen und Stäbe sind im
menschlichen Auge für das Sehen verantwortlich. In der Mitte der
menschlichen Netzhaut haben wir einen Bereich, der für die
Farbsicht zuständig ist, aber eine geringere
Lichtempfindlichkeit aufweist.
Nachts sind alle Katzen
Grau.
Warum?
In unsere Netzhaut sind in der Mitte, dem Bereich,
wo das meiste Licht bei maximal geöffneter Iris hinfällt
Zapfen angeordnet, die zwar die Farbsicht vermitteln aber nicht so
Lichtempfindlich sind, wie die darum gruppierten Zapfen.
Ich hasse
übrigens Verniedlichungen, weil sie eine bestimmte Größe
als den Normalzustand postulieren und damit das kleinerer abwerten,
daher schreibe ich hier nur über Stäbe und Zapfen, wohl
wissend, dass diese Begriffe normalerweise verniedlicht werden. Aber
ich bin ebenso der Meinung, die Knochen in den Ohren wären
vollwertige Schallträger und müssten nicht verniedlicht
werden, daher rede ich prinzipiell immer von Gehörknochen. Wer
weiß wie viele Intelligenzwesen es gibt, für die die
Knochen des Menschengehörs gigantische Ausmaße
haben?
Douglas Adams fiel mir ein, der in einem Teil der Trilogie
per Anhalter durch die Galaxis, ich glaube es war Band fünf,
über Levitationen geschrieben hat.
Die Protagonisten, unter
anderen auch Arthur Dent, warfen sich zu Boden, aber daneben und
flogen.
Dieses zu Boden werfen, aber daneben, schien ein Schlüssel
zu dieser Klappe aus Holz zu sein, genau so, wie man den Krebsnebel
sehen kann, wenn man ihn nicht direkt ansieht.
Ich stimmte mich an
den folgenden Tagen vor jeder Meditation darauf ein, die Höhle
mit der Holzklappe zu erreichen, ohne aus meiner meditativen
Versenkung in das Wachbewusstsein zurückzukehren oder plötzlich
ganz wo anders zu sein, als hätte ich einen Black Out gehabt,
oder wäre eingeschlafen.
Ich blieb bei dieser vorherigen
Einstimmung über einen Zeitraum, der ein gutes halbes Jahr
betrug. Ich wusste, wenn ich diese Klappe einmal öffnen würde,
wäre ein so gewaltiger Durchbruch errungen, dass es mir immer
wieder gelingen würde.
Eines Tage war es so weit, ich hatte
immer wieder diese Halle erreicht und war mir eigentlich sicher, sie
auch immer schneller erreichen zu können, gelang es mir einen
der Riegel der Holzklappe zu bewegen. Warum die Holzklappe mit fünf
Riegeln gesichert war, kann ich mir nicht denken. Manch einem wären
sicher drei oder sieben Riegel oder Siegel lieber gewesen. Ich kann
es nicht ändern.
Ich vermutete schon, bei jeder der nächsten
Meditationen wieder einen der nächsten Riegel bewegen zu können
oder schlimmstenfalls wieder alle fünf Riegel verschlossen
vorzufinden, als ich gewahrte, dass ich mich immer noch über der
Holzklappe befand und auch noch nach dem zweiten Riegel greifen
konnte. Ich sah vorbei und fokussiere meinen Blick nicht auf die
Riegel, sonst griff ich nämlich daneben.
Wie beim Krebsnebel
blickte ich nebenher.
Nacheinander gelang es mir alle fünf
Riegel zur Seite zu schieben.
Es war noch überraschender, als
ich feststellte, dass sich die Klappe ganz leicht öffnen
ließ.
Ich klappte sie zur Seite und blickte in einen Schacht
mit dunklen Wänden, der, wenn ich mein versenktes Selbst als
Größenmaßstab betrachtete, einen Durchmesser von
etwa zehn Metern haben mochte.
In der Schachtwand erkannte ich
Eingelassene Öffnungen, die etwa zwei bis drei Meter hoch sein
mochten und eine Breite von vielleicht fünf Metern
aufwiesen.
Diese Öffnungen waren erleuchtet und ich konnte
darin Bewegungen erkennen, als handele es sich um Szenen aus meinem
bisherigen Leben, die über eine gewisse Wichtigkeit verfügten.
Als ich mich ein wenig vorbeugte, wurde ich zurückgerissen und
jagte durch einen grünen Tunnel wieder zurück in mein
Wachbewusstsein, ohne diesen Vorgang beeinflussen zu können.
Ich
war in dieser Meditationssitzung weiter gekommen, als jemals
zuvor.
Von der Annahme ausgehend, nun eine Möglichkeit
gefunden zu haben, vergangene Ereignisse meines Lebens noch einmal
Revue passieren zu lassen, plante ich bei meiner nächsten
Meditation alles daran zu setzen, den Schacht in irgendeiner Weise zu
betreten.
Ich hatte im Alter von fünfunddreißig
Jahren die Bhagavat-Gita gelesen und war von diesem Buch derart
fasziniert worden, dass ich nicht den geringsten Zweifel an der da
beschriebenen lehre der Reinkarnation hegte.
Die Bhagavat-Gita ist
ein Teil des Sanskriteepos Mahabharata.
Vor etwa fünf
Jahrtausenden kam es zu einer großen Schlacht, der Schlacht von
Kuruksetra.
Das Gespräch zwischen dem Feldherren Arjuna und
Krsna Gott war wirklich, wie von vielen Hindus angegeben, die Essenz
der Veden.
Es standen sich die beiden Heere gegenüber und es
würde zur Schlacht kommen.
Die Schlacht von Kuruksetra war
eigentlich nichts anderes als ein Familienkrieg innerhalb der
Kuru-Dynastie.
Vicitravirya hatte drei Söhne, Dhrtarastra,
Pandu und Vidura. Weil der älteste Dhrtarastra von Geburt an
blind war, wurde sein nachfolgender Bruder Pandu König. Pandu
hatte fünf Söhne, Yudhisthira, Bhima, Arjuna, Nakula und
Sahadeva. Dhrtarastra hatte hundert Söhne von denen der älteste
Duryodhana hieß.
Nun gut, wer sich für diese
Zusammenhänge interessiert, sollte sie in der Bhagavat-Gita
nachlesen...
Einer der Heerführer war Arjuna.
Da die
Kontrahenten beide gläubige Hindus waren, baten sie den Gott
Krsna um seinen Beistand.
Der Gott sagte beiden seinen Beistand zu
und trug ihnen auf zu wählen, einer könne über seine
Himmlischen Streitkräfte verfügen, der andere erhalte den
Gott selber als Wagenlenker.
Arjuna hatte nun den Gott Krsna, die
höchste Inkarnation Chivas als Wagenlenker und bat ihn, vor
Beginn der Schlacht mit dem Streitwagen zwischen die beiden
gegnerischen Heere zu fahren.
Als sie mit dem Streitwagen zwischen
den Heeren standen, ergab sich ein Dialog zwischen dem Gott Krsna und
Arjuna.
Dieser Dialog brachte die Regeln und Einzelheiten der
Reinkarnationslehre zutage. Ich war froh, dieses Buch erst im Alter
von fünfunddreißig Jahren gelesen zu haben, da ich
ansonsten in jüngeren Jahren mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit in einen Ashram eingezogen wäre und seit dem
Hare Krsna singen würde.
Dieses Statement besagt allerdings
nicht, dass es nicht Momente gibt, in denen ich tatsächlich Hare
Krsna singe...
Hier kommen wir erstmals wieder zum Anfang des
Buches zurück, genauer zu den einleitenden Worten vor dem
Anfang, der Warnung vor der Lektüre.
Ich selbst bin ein gutes
Beispiel dafür, dass man einen gewissen Reifegrad benötigt,
um den Stoff eines Buches zu verkraften.
Dieses Buch
verändert.
Niemand kann es lesen, ohne in seinem
tiefsten Selbst verändert oder erschüttert zu werden. Ich
kann allerdings tatsächlich keine Empfehlung geben, wie alt ein
Leser mindestens sein sollte. Manch einer kann es lesen, wenn er in
Rente gegangen ist, ein anderer wenn er sein Studium abgeschlossen
hat.
Außerdem ist es so, dass die Zeit drängt.
*
Bei meiner nächsten Meditationssitzung hatte ich
schon befürchtet, wieder die fünf Riegel zurückschieben
zu müssen, aber zu meiner Überraschung waren die Riegel
ebenso verschwunden, wie die Holzklappe. Es klaffte einfach nur ein
großes unermesslich tiefes Loch im Boden, dessen Schwärze
eine unausgesprochene Bedrohung signalisierte.
Ich stand am Rande
dieses tiefen Schachtes und brauchte einige Zeit, um zu begreifen,
dass ich weniger Stand, als schwebte.
Mein Ziel war klar.
Ich
wollte, sofern möglich, mein erstes Icherlebnis im Alter von
zweieinhalb Jahren beobachten. Vielleicht würde ich mich
dann besser erinnern können.
Ohne Angst schwebte ich langsam
in diesem Schacht in die Tiefe.
Die Schachtwand war schwarz und
reflektierte kein Licht. Immer wieder sah ich Öffnungen, hinter
denen sich Szenen meines bisherigen Lebens abspielten.
Szenen, die
mir wegen der kurzen vergangenen Zeit noch sehr gegenwärtig
waren. Ich kann und konnte nicht beurteilen, nach welchen Kriterien
diese Sequenzen ausgesucht worden waren. Wenn ich zunächst
angenommen hatte, es handele sich um Schlüsselereignisse meines
Lebens, musste ich schon kurz danach zugeben, das da einiges dessen,
was ich zu sehen bekam, so banal war, dass es mit Sicherheit alles
andere als wichtig sein konnte. Andererseits war es für
oberflächlich betrachtet vielleicht für mich relativ
unbedeutend, aber wie sah es mit einer Betrachtungsweise meiner
Selbst in dreißig oder vierzig Jahren aus?
Kurze Eindrücke
erregten meine Aufmerksamkeit, treffen mit Menschen, die mir nicht
mehr ganz so gegenwärtig waren, oder Ereignisse, die ich schon
fast wieder vergessen hatte.
Hatte ich den Gral meines
Gedächtnisses erschlossen?
Ich sah mich selber in
wechselnden Szenen, die in dieser Situation mehr oder weniger meine
Aufmerksamkeit erregten, obwohl ich sicher war, dass einige der
Szenen mich eigentlich sehr interessierten.
Im Moment der
Greifbarkeit trat die Wichtigkeit dieser Ereignisse, die mich über
Jahre hinweg beschäftigt hatten, so weit in den Hintergrund,
dass ich nach der Meditation gar nicht begreifen konnte, warum ich in
diese Szenen nicht hineingegangen war.
So richtig
interessant wurde es, als ich in die Tiefen meines Bewusstseins
geriet, die sich im Alter von unter fünfundzwanzig Jahren
abgespielt hatten.
Merkwürdigerweise verringerte ich meine
Sinkgeschwindigkeit, um mir mehr Zeit dabei zu lassen, Einzelheiten
zu erkennen.
Ich sah mich während einer Konfliktsituation mit
der Stationsschwester bei meiner Zivildienststelle. Schwester Yvonne,
mit der ich fast ständig Konflikte auszutragen gehabt hatte und
die ich sowohl damals, als auch später noch sehr geschätzt
hatte, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte, denn die ältere
Dame sagte über mich das gleiche.
Ich sah Schwester Yvonne
und mich in der Küche des Krankenhauses sitzen, am letzten Tag,
den sie vor ihrer Rente arbeitete. Ich fragte sie damals, was sie in
ihrem aufopfernden Diakonissenleben vermisst habe, was sie
möglicherweise anders machen würde, wenn sie dazu noch
einmal die Möglichkeit erhalten würde.
"Einen
Führerschein hätte ich machen sollen und mir ein Auto
kaufen. Die Freiheit überall hin fahren zu können, ohne auf
andere Menschen angewiesen zu sein, das ist es, was ich mir
ermöglichen würde, wenn ich noch einmal von Vorne anfangen
könnte."
Ich schwebte weiter, ohne weitere Eindrücke
meines damaligen Berufslebens zu finden und erinnerte mich daran,
während meiner Zivildienstzeit immer wieder solche und ähnliche
Gespräche mit älteren Menschen geführt zu haben. Wie
oft hatte ich mit Menschen, die gerade einen Herzinfarkt erlitten
hatten, darüber geredet, was es eigentlich war, was dem Leben
einen Sinn gab, und immer wieder hatte ich von diesen Menschen, im
Angesicht des möglichen Todes, gehört, man solle mehr an
sich selbst und andere denken, und man sollte sich so verhalten, dass
man am Ende des Lebens nicht darüber nachdenken müsse, was
man anderen Leuten angetan habe.
Durch meine Gedanken abgelenkt
fand ich mich nach einiger Zeit, obwohl man kaum von Zeit in diesem
Zustand reden kann, vor einer Szene wieder, die mich im Alter von
etwa zehn Jahren mit meinem Freund Klaus und seinem Großvater
mütterlicherseits, in dem Wohnzimmer von Klaus' Eltern
zeigte.
Ich hatte gestoppt, mein langsamer Falle durch den Schacht
meiner Gedanken war angehalten worden. Ich konnte mich auf die Szene
konzentrieren.
Der Großvater fragte mich nach meiner
Herkunft aus. Dazu muss man wissen, dass dieser Großvater nur
zu Besuch weilte und dass er normalerweise im Rheinland wohnte. Klar,
dass er da nicht genau wusste, mit wem sein Enkel Klaus da
spielte.
Ich erzählte ihm gerade von meinen Vorfahren und
darüber, dass die Vorfahren meines Großvaters
väterlicherseits aus Frankreich stammten. An dieses Gespräch
mit Klaus' Großvater konnte ich mich kaum noch erinnern, aber
ich hatte ja wohl nicht grundlos vor dieser Szene angehalten.
"So,
Deine Vorfahren waren also Hugenotten!"
Nun, von Außen
vor dieser Szene schwebend und mit fast vierzig Jahren mehr
Lebenserfahrung, entging mir weder der lauernde Unterton des
Großvaters meines Freundes, noch das plötzlich aufkeimende
große Interesse für meine Person. Kalt rann es mir, der
ich im Gang schwebte, den imaginären Rücken hinunter.
Ich
hatte diese Situation damals wesentlich normaler und harmloser
empfunden.
Nun, als Beobachter witterte ich förmlich die
Gefahr, die von diesem alten Mann ausging.
Später sollte ich
erfahren, dass er Jesuit war.
Der Einweihungsschwur in den 2. Grad
verlangt den Tod aller Protestanten und Freimaurer. Sie waren z. B.
die leitende Kraft hinter dem Massaker an den Hugenotten und waren
auch für das Köpfen der zahllosen Protestanten und
Freimaurer im 16. und 17. Jahrhundert in England verantwortlich. Der
Jesuitenorden wurde im Jahre 1534 von Ignatius von Loyola gegründet.
Das war lange her, gab es solche Schwüre heute noch?
Hatten
solche Schwüre, wenn es sie noch gab, heute noch Gültigkeit?
Ich bemerkte nun, dass ich dem Großvater meines besten Freundes
direkt noch mehr erzählte, was ihn wieder getrost in den Sessel
zurücksinken ließ.
"Mein Opa musste dann
katholisch werden, um 1900 meine Oma heiraten zu dürfen!"
Für
Klaus' Großvater war damit die Welt wieder in Ordnung.
Ich
kann mir nicht vorstellen, was ihn letztendlich an mir persönlich
gestört haben könnte, sah aber nun, dass er sich entspannte
und mit einem Lächeln zurücklehnte.
Das Kind von damals
hatte das alles nicht so mitbekommen.
Ich sank weiter, aber nur
eine einzige Etage.
Ich sah Klaus und mich in dessen Zimmer auf
dem Fußboden sitzen und Schriftzeichen malen.
"Lagora
nat dragt Akita Inu!"
"Letrago nat
Ching-kong-fung!"
Auch das hatte ich vergessen, Klaus
und ich hatten uns mittels einer eigenen Sprache und einer eigenen
Schrift verständigt, das war aber doch später gewesen. Ich
drehte mich und sah mich selbst in meinem Zimmer, in der Wohnung
meiner Eltern, ich sah, dass ich die Übersetzungsgrundlagen
versteckte. Ich war etwa elf Jahre alt und klebte mit Tesafilm eine
Papptasche hinter ein Bild an der Wand, das einen Schäferhundekopf
zeigte, den ein Bekannter meines Vaters vor langer Zeit mit Bleistift
gezeichnet hatte, Otto Götz hieß dieser Bekannte und hatte
damals in Pforzheim gewohnt.
Faszinierend, was für
verschüttete Details sich in meinem Gedächtnis
wiederfanden.
Ich sah, wie ich die Übersetzungshilfe
zusammenfaltete, um sie in der Tasche hinter dem Bild verschwinden zu
lassen, während ich mich nach einem heimlichen Beobachter in
meinem kleinen acht Quadratmeterzimmer umsah.
Ja, Klaus und ich
hatten uns immer so verhalten, als würden wir beobachtet, wie
hatte ich das vergessen können. Selbst wenn ich Zuhause in der
Küche gesessen hatte, um die nachmittäglichen Aufgaben für
die Schule zu erledigen, hatte ich mich so verhalten, als würde
ich beobachtet, ja hatte auch einiges getan, um eventuelle Beobachter
zu irritieren.
Man beachte, es handelt sich um die sechziger
Jahre, als die Welt noch in Ordnung war, für die meisten
Mitteleuropäer zumindest; als die Welt einen Aufschwung erlebte,
ein Wirtschaftswunder und als noch alle an dauerhaften Frieden und
dauerhaften Wohlstand glaubten.
Ja, ich hatte mich immer und
ständig beobachtet gefühlt, besonders dann, wenn ich
alleine war.
Ich hatte sogar meine Gedankenwelt aufgeteilt, in den
Teil für die anderen und den Teil, den ich nur für
mich selbst dachte.
Ich stieg einige Meter an in dem
Schacht, ohne etwas dazu beigetragen zu haben, so als wolle mir ein
Teil meines Unterbewusstseins etwas zeigen.
Ich sah mich in der
großen Kirche in einer der hinteren Bänke neben meinem
Vater sitzen.
Meine Mutter hatte sonntags immer meinen Vater und
mich in die Kirche geschickt, um uns vor den Füßen weg zu
haben, wie sie argumentierte: "Ihr stört mich nur bei
der Vorbereitung des Mittagessens!"
Mein Vater und ich
hatten uns ziemlich weit nach hinten gesetzt und nutzten diese
Gelegenheiten, unseren Gedanken nachzugehen, denn an dem immer wieder
stattfindenden Schauspiel auf der Bühne genannt Altar konnte uns
nicht reizen.
Ich sah, dass ich die Augen geschlossen hatte.
Ich
hatte häufig in diesem Raum die Augen geschlossen gehabt und
mich auf mein Inneres konzentriert.
Plötzlich konnte ich mich
wieder erinnern, ich war elf und hatte mich während dieser Messe
mit telepathischen Versuchen beschäftigt. Ich hatte meine
Gedanken ausgesandt um mit jemandem telepathisch Kontakt aufzunehmen
und mich nach dieser Messe draußen zu kontaktieren.
Und es
war tatsächlich geschehen.
Nach der Messe war ich von einem
Mann angesprochen worden.
Jetzt, über dreißig Jahre
später erst, wird mir die Groteske dessen was da passiert war
richtig bewusst. Man stelle sich vor, ich ein elfjähriger wurde
draußen vor der Kirche nach Beendigung der Messe von einem Mann
angesprochen, der etwa Mitte zwanzig sein mochte, dunkel gekleidet
und dunkler Typ: "Entschuldigung, haben Sie Feuer?!"
Man
stelle sich vor, da spricht ein erwachsener Mann en elfjähriges
Kind an, während Hunderte von ebenfalls erwachsenen Männern
aus der Kirche kommen und sich ihre Zigaretten entflammen...
Ich
merkte, dass ich nun unaufhaltsam wieder nach oben zu schweben
begann, ohne diesen Vorgang aufhalten oder irgendwie anders
beeinflussen zu können.
Es war mir klar, dass damit diese
Session abgeschlossen war, dass ich wieder zurückgerissen werden
würde, zurück in mein Wachbewusstsein. Ich versuchte im
Gegensatz zu meinem Verhalten während des Sinkens nun im
Aufstieg noch Eindrücke zu erhaschen und Informationen zu
sammeln.
Seltsam.
hatte ich mich doch im Sinken noch über
mein Desinteresse gewundert, angesichts der greifbaren Informationen,
indem ich sie nämlich als grundsätzlich Verfügbar
betrachtete und nun im Aufstieg, der nicht durch meinen Willen zu
beeinflussen war, überkam mich eine Neugier, die ich so zuvor
nicht erlebt hatte.
Eine Szene fiel mir im Vorbeiflug auf,
ich sah mich selbst in einem Flugzeug sitzen, neben einem kleinen
jungen Mann, südländischer Typ, angeregt in ein Gespräch
vertieft.
Diese Szene hatte ich seit Jahren vergessen und nun
drängte sie nach dem kurzen Eindruck, den ich gewonnen hatte,
wieder mit einer Gewalt an die Oberfläche meines Bewusstseins,
dass es schon an einen schmerzlichen oder schmerzhaften Prozeß
erinnerte.
Der Mann war ein katholischer Priester und ich hatte
ihn auf Rhodos getroffen, in der Abflughalle des Flughafens und den
ganzen Flug über mit ihm geredet. Nun konnte ich mich wieder gut
an unser damaliges Gespräch erinnern, das mich sehr beeindruckt
hatte.
Ich war mit Astrid auf Rhodos gewesen, nachdem wir zuvor in
der Türkei geweilt hatten. In der Türkei hatten wir in
Izmir Freunde besucht und hatten die türkischen Medien erlebt,
als es das Attentat auf Carol Wojtyla gegeben hatte, im Mai 1981, das
von einem Türken namens Ali Akscha verübt worden war. Immer
noch durch diese Informationen geprägt, denn unsere türkischen
Freunde waren aufs Äußerste entsetzt gewesen, weil gerade
in einer Phase einer Annäherung der türkischen
Militärdiktatur an die Europäische Gemeinschaft, ein
solches Attentat durch einen Türken verübt, so ziemlich das
Schlimmste war, was dem Türkischen Staat und der türkischen
Bevölkerung passieren konnte. Naturgemäß gab es genau
dieses Thema, das erörtert wurde, als ich erfuhr, dass der
kleine südländische Mann katholischer Priester war, ein
Mexikaner, der in Rom Theologie studiert hatte und nun noch vierzehn
Tage durch Europa reiste, bevor er wieder nach Mexiko zurückkehrte.
Hatte es in Mexiko nicht auch noch eine Panne gegeben, als seinerzeit
Papst Johannes der 23ste gestorben war?
Dieses gestorben
war ist bewusst kursiv gesetzt, denn dieser Mexikanische
Priester vertrat damals die Ansicht, nicht nur Johannes der XXIII sei
ermordet worden, sondern auch Albino Luciani, Johannes-Paul der
erste, der lächelnde Papst oder 23Tage-Papst.
Die
Todesanzeige des Papstes Johannes XXIII war wohl nach seiner
Ermordung in der mexikanischen Tageszeitung »El Informador«
von der westmexikanischen Großloge der Freimaurer aus Versehen
einen Tag zu früh aufgegeben worden. (Erscheinungsdatum 3. Juni
1963, Papst Johannes starb tatsächlich am 3. Juni 1963 um 19.49
Uhr).
Jedenfalls hatte dieser Priester, dessen Namen ich nicht
erfragte, mir einiges erzählt, was er im Vatikan im Zusammenhang
mit dem Tode Albino Lucianis erlebt hatte. Er hatte im Vatikan
Theologie studiert und war sowohl anwesend als Paul VI starb, als
auch beim Tode Johannes-Paul I, der als Zivilist Albino Luciani
geheißen hatte.
Der Theologe gab immer noch unter den
Eindrücken stehend, die ihn betroffen machten, kund,
Johannes-Paul I sei nicht mehr von den Bewohnern des Vatikans gesehen
worden, bei Paul VI waren sie alle noch gewesen, hatten Abschied
nehmen können.
Aber über dieses Thema wurde bereits
genug geschrieben.
Dieser mexikanische Priester auf dem Rückweg
nach Mexiko hätte ja wohl kaum einen Grund gehabt, zwei harmlose
Touristen an der Nase herumzuführen, oder?
Er war der festen
Überzeugung, Albino Luciani sei ermordet worden, der ganze
Vatikan sei sich in dieser Angelegenheit sicher gewesen, aber niemand
habe den Mut gehabt mit diesem Wissen an die Öffentlichkeit zu
gehen, hatten doch alle Angst vor der Gerichtsbarkeit der Kirche.
Mit
zunehmender Geschwindigkeit durcheilte ich den Schacht, um durch
grüne Felsendöme in mein Wachbewusstsein zurückgerissen
zu werden.
*
In den nächsten Tagen machte ich mir einige
Gedanken über die Auswahl der Szenen, die ich sicher anders
vorgenommen hätte. Was interessierte mich heute noch, ob
Johannes-Paul I ermordet worden war oder nicht? Hatte man nicht schon
genug Zusammenhänge zwischen der P2-Loge, Bischof Paul
Marcinkus, auf den wahrscheinlich immer noch die italienische Polizei
vor den Ein- und Ausgängen des Vatikans wartet, die Finanzierung
der Drogengeschäfte mit Kolumbien und die Aufhebung der
Exkommunikation der Freimaurer im »Codex Iuris Canonici«
am 27. November 1983.
Eigentlich war ich mir seit Jahren sicher
gewesen, dass mich die katholische Kirche nicht mehr wirklich
interessierte. Inzwischen hatte ich schon einiges verdrängt, was
meine Kindheit und den Psychoterror der Repräsentanten der
Kirche anging und verspürte ehrlich gesagt auch nicht das
geringste Interesse, diese Zeit, in welcher Weise auch immer wieder
aufleben zu lassen.
Und was war mit meinen eindeutig paranoiden
Gedankenwelten bezüglich einer dauerhaften Beobachtung durch wen
auch immer? Hatte ich diese Zeit nicht auch schon vor Jahren ad acta
gelegt?
Vielleicht könnte mir ein Gespräch mit Anne auf
die Sprünge helfen!
Anne, mit der ich mich zu einem Tee im
Café getroffen hatte, erweckte wieder 'mal den Eindruck einer
Abgeklärtheit, die ich ihr so nicht mehr abnahm. Ich kannte sie
schon seit vielen Jahren und sie hatte es mit zunehmender Intensität
verstanden einen immer mystischeren Eindruck von sich selbst zu
verschaffen. Ich schilderte ihr meine Erlebnisse bevor ich die
Holzklappe am Grunde meines Bewusstseins geöffnet hatte.
Anne
lehnte sich gelassen zurück, als ich ihr die fünf Riegel
beschrieb.
"Du wirst wohl versuchen müssen, diese Riegel
zu überwinden, dann kannst du auch die Klappe öffnen und
nachsehen, was sich dahinter verbirgt."
Sie hatte ein Buch
auf den Tisch gelegt, das sie in einen zusätzlichen Umschlag aus
blauer Pappe gehüllt hatte, den sie sicherlich selber
zugeschnitten hatte.
Es befanden sich einige Zettel in diesem
Buch, die sie gebrauchte um die Stellen, die sie anderen Leuten
vorlesen wollte, schnell zu finden.
"Du hast recht, Anne! Ich
habe einige Zeit dafür gebraucht und dann die Riegel entfernt
und die Klappe geöffnet!"
Ihr Oberkörper ruckte
nach vorne. Ihre Sinne waren bereit auch den kleinstmöglichen
Reiz zu empfangen.
"Erzähl!"
Unwillkürlich
schob sie das Buch, das sie so gut plaziert hatte, dass ich nicht
übersehen konnte, dass es in englischer Sprache geschrieben
worden war, zur Seite, um den Raum zwischen uns, zwecks besserer
Verständigung, frei zu machen.
"Was war hinter dieser
Holzklappe?"
"Unter!"
"Wie, unter?"
"Unter!
Die Klappe befand sich auf dem Grund meines Bewusstseins also konnte
sich nur etwas unter ihr befinden, nicht dahinter."
Sie sah
mich tatsächlich leicht irritiert an.
"Anne, ich habe
diese Klappe geöffnet!"
Sie sagte kein Wort, aber
sprachlos konnte sie nicht sein, ich hatte sie noch nie sprachlos
erlebt, also zollte sie meinen Äußerungen nur den
gebührenden Respekt.
"Unterhalb der Klappe sah ich einen
in die Tiefe gehenden - nicht enden wollenden - Schacht, der schwarz
und dunkel war und teilweise durch diffuses Licht beleuchtet
wurde."
"Und gab es da so etwas wie eine Treppe?"
"Nein,
eine Treppe gab es nicht, aber ich war ja auch nicht so materiell,
dass ich unbedingt eine Treppe benötigt hätte."
"Ich
habe keinen Schacht, sondern Türen!"
"Wie,
Türen?"
"Wenn ich in meine vorherigen Leben
gelangen will, gibt es da Türen in meinem Selbst, die ich öffnen
kann und durch die ich hindurchgehen kann, um in meine vorherigen
Leben zu gelangen!"
Da hatte ich ja noch gar nicht dran
gedacht.
Sie erzählte mir einige Erfahrungen, die sie in
früheren Leben gemacht hatte oder gemacht haben musste, die alle
nicht im Mindesten dazu angetan waren, mich auch nur im Geringsten zu
erbauen.
Alle ihre vorherigen Leben hatten sehr ausgeprägt
etwas mit Kindern und dem Kinderkriegen zu tun, mit Ängsten um
Kinder, mit Ängsten, Kinder während der Schwangerschaft zu
verlieren...
Ich stellte ihr ganz bewusst nicht die Frage, ob es
da nicht auch noch etwas anderes gebe.
Wenn die Essenz früherer
Leben nur solche Erfahrungen zu Tage brachte, hatte ich nicht das
geringste Interesse, mir über vorherige Inkarnationen
Informationen zu verschaffen.
Eine Parallele fiel mir ein.
Während
meiner Lektoratstätigkeit für einen Verlag hatte ich von
Frauen fast immer nur Manuskripte mit ähnlich gelagerten
Thematiken in die Hände bekommen.
Ich berichtete Anne nicht
von meiner weiteren Methode, indem ich im Schacht nach unten
schwebte, Informationen aus meiner Vergangenheit zu beschaffen,
sondern hörte ihr, wenn auch nur noch mit halbem Ohr, zu.
Wenn
es wirklich möglich war, Informationen aus vorherigen Leben zu
beschaffen, interessierten sie mich eigentlich ungemein, es sei denn,
es handelte sich nur um Erfahrungen, wie Anne sie gemacht hatte, denn
die menschliche Reproduktion war ein Vorgang, der mir nicht nur
absolut fremd war, sondern auch noch einer, der bei mir nicht in den
entferntesten Winkeln meines Seins Interesse hervorzurufen
vermochte.
Anne ging zum Klo und ich nutzte, da ich ihr wirklich
nur noch mit halbem Ohr zuzuhören vermocht hatte, die Zeit, ein
Wenig in ihrem Buch zu blättern.
Also schlug ich beliebig
eine Seite auf, naturgemäß handelte es sich um eine der
Seiten, in denen Zettel steckten.
Ich las und wäre wohl
erblasst, wenn ich nicht schon seit Jahren der Überzeugung
gewesen wäre, dass jedem prinzipiell alles zuzutrauen sei.
Da
stand schwarz auf weiß: ... JOHANNES PAUL II hat ebenfalls
eine interessante und sicherlich erwähnenswerte Vergangenheit.
Über ihn schreibt, der zwölf Jahre für die (den
Geheimdienst der Navy) gearbeitet hat, in seinem Buch »Behold a
Pale Horse«, daß er während des 2. Weltkrieges in
Deutschland für die I.G. Farben an der Produktion des Gases für
die Gaskammern der KZs mitgearbeitet haben soll. Zu Ende des Krieges,
aus Angst, er würde durch die Mitarbeit an Kriegsverbrechen
hingerichtet werden, soll er dann in den Schutz der katholischen
Kirche in Polen geflohen sein. Dort soll er dann geblieben sein und
später eine ähnliche Entwicklung wie die Eisenhowers
gemacht haben, nur dauerte es etwas länger, bis er später
als Kardinal Wojtyla zum heutigen Papst wurde.
Nein, ich las
nicht weiter und war schon relativ dankbar, als Anne vom Klo
zurückkam und ich gerade dabei war, damit zu beginnen den blauen
Schutzumschlag zu entfernen.
"Stop!"
Ich blickte
irritiert auf.
"Wieso stop?"
"Das Buch ist ein
verbotenes Buch!"
"Willst du mich hier verscheißern,
Anne? Es gibt keine verbotenen Bücher mehr, wir haben immerhin
das einundzwanzigste Jahrhundert!"
Anne lachte.
"Und
das, was du gerade gesagt hast, glaubst du das wirklich?"
Jetzt
musste ich lachen.
"Klar, ich lebe ja wohl schon einige Jahre
hier auf diesem Planeten und in diesem mitteleuropäischen
Land!"
Anne setzte sich wieder.
"Trotzdem können
doch wohl Bücher verboten sein, oder!?"
"Nein, es
gibt doch immer noch die freie Meinungsäußerung!"
"Und
das glaubst du?"
"Sollte ich etwa nicht!?"
Anne
nahm nun das Buch an sich.
"Glaubst du, ich würde hier
ein Buch offen rumliegen lassen, wenn es Bücher gibt, die in
diesem Land verboten sind? Ich habe neulich den Autor dieses Buches
auf der Messe in Frankfurt getroffen, eigentlich so ziemlich
zufällig. Ich hab ihn gefragt, was denn in seinen verbotenen
Büchern so drinsteht; und ob du's glaubst, oder nicht, ich
konnte machen was ich wollte, er hat mir nichts verraten, weil er
sich schon damit strafbar gemacht hätte."
Ich schüttelte
den Kopf.
Anne war irritiert.
"Anne, versteh' mich nicht
falsch, ich zweifle deine Worten nicht an, aber eigentlich würde
ich es anzweifeln müssen, wenn du es mir nicht
erzählt hättest. Es gibt kein Index librorum
prohibitorum mehr."
Ihre Augen
verengten sich leicht.
"Bist du da sicher? Ja wahrscheinlich,
denn immerhin hat man ja auch Galileo Galilei erst 1965
rehabilitiert, nachdem er 1633 von der römischen Inquisition
angeklagt und verurteilt worden war, immerhin hatte er doch
tatsächlich die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums
herausgeredet. Papst Paul VI. hat aufgrund zahlreicher
Beschwerden das HeiligeOfficium(Sanctum Sacrificium) in die
"Glaubenskongregation" umbenannt, wodurch stillschweigend
die Inquisition aufgehoben wurde."
Ich
hatte gewusst, dass sie mit dem Begriff Index librorum
prohibitorum etwas anfangen konnte, aber sie sprach sofort
weiter, bezüglich dieser verbotenen Bücher.
"Du
kannst mich ja für paranoid halten, aber obwohl alle Bücher
dieses Autors eine ISBN Nummer haben, kann man sie nicht mehr alle
bestellen, weil zwei verboten sind! Ob wir es wahrhaben wollen, oder
nicht."
"Und wie ist es dir gelungen, dir ein solches
Buch zu beschaffen, wenn es in Deutschland verboten zu sein
scheint?"
"In der Schweiz ist es legal. Ich habe es mir
von Beate aus Basel schicken lassen."
"Du meinst also,
wenn ich morgen in einen Buchladen gehe und diese ISBN Nummer angebe,
wird man mir erzählen, dass das Buch illegal ist und dass man es
darum nicht bestellen kann!?"
"Nein, ich habe es
versucht! Man wird dir irgend etwas von Lieferschwierigkeiten beim
Verlag erzählen, oder dass es den Verlag möglicherweise
nicht mehr gibt."
Ich schüttelte den Kopf.
"Die
spinnen, die Deutschen!"
"Aber das wird uns nichts
nützen. Wenn man hier der Meinung ist, Bücher verbieten zu
müssen und dann noch so weit geht, dass man sie totschweigt, als
habe es sie nie gegeben!"
"Fahrenheit 451!"
"Wie
kommst du ausgerechnet jetzt auf Fahrenheit?"
Sie wirkte
äußerst überrascht, als wäre sie dem sogenannten
Leibhaftigen begegnet.
"Wegen der Bücherfeuerwehr, Anne!
Kennst du das Buch von Ray Bradbury nicht?"
"Nein!"
Sie
sah mich immer noch merkwürdig an.
"Eigentlich wollte
ich dir etwas über einer Frau erzählen, die Fahrenheit
heißt. Vinzenza Fahrenheit. Und jetzt hast du mich mit dem
Namen überrascht!"
"Synchronizität,
Anne."
"Meinst du?!"
Das klang weniger wie eine
Frage, als wie eine unumstößliche Feststellung, doch hatte
ich keine Gelegenheit mehr nachzuhaken, weil Regina den Raum betrat,
eine gemeinsame gute Bekannte, die sofort auf uns zusteuerte.
"Dacht'
ich mir doch, euch hier anzutreffen..."
Womit unsere
Unterhaltung sich in eine ganz andere Richtung erstreckte.
*
So kam ich nicht weiter.
Ich verzichtete auf einen
weiteren Versuch mit Anne über diese Thematik zu reden, hatte
ich doch auch in anderer Beziehung bei ihr, zumindest nicht
dauerhaft, landen können.
Nun unternahm ich täglich eine
Reise in mein Innerstes, ohne besondere Ziele zu verfolgen.
Jedesmal
schwebte ich in der senkrecht verlaufenden Röhre hinab und sah
täglich andere Szenen, die meine Aufmerksamkeit erregten. Immer
wieder verharrte ich vor einem Geschehen aus meiner
Vergangenheit.
Eine Szene mit Anne fesselte mich, hatte ich doch
schon fast vergessen, was sich da vor meinen imaginären Augen
abspielte.
Zwanzig Jahre war das wohl her, mindestens.
Ihre
Eltern und Geschwister waren erfreulicherweise alle ausgeflogen, was
so selten vorkam, dass ich zunächst noch relativ befangen war,
als wir im Fernsehzimmer zusammensaßen, wie wir schon so oft
zusammengesessen hatten, wenn ihre Eltern und Brüder, sie hatte
merkwürdigerweise nur Brüder, dabei waren.
An diesem
Abend war allerdings alles ganz anders, wir waren erstmals
allein.
Wir saßen nebeneinander und knutschten.
Meine
linke Hand glitt irgendwann an ihrem Bein nach oben und brauchte
Ewigkeiten um ihr unbekleidetes Knie zu erreichen.
Sie trug einen
langen Rock, den sie in irgendeinem Indienshop gekauft hatte.
Dieser
Rock war erfreulicherweise sehr weit geschnitten.
Als meine Hand
unter ihrem Rock weiter nach oben glitt, erfuhr ich keine Reaktion,
wie Beine zusammenkneifen oder sonst eine Abwehrhaltung.
Mittlerweile
lehnte ich mit meinem Kopf an ihrer Schulter und sie hatte ihre Arme
um mich gelegt.
Meine Hand hatte die Mitte ihres linken
Oberschenkels erreicht und war bislang auf keinen nonverbalen
Widerstand gestoßen.
Ich rutschte von der Couch und
kniete vor ihr auf dem Boden.
Nichts an ihrem Verhalten zeigte mir
auch nur das geringste Missfallen.
Mit beiden Händen schob
ich nun ihren Rock so weit hoch, dass ich ihren weißen Slip vor
mir sehen konnte.
Ihre Schenkel kamen im Slip zusammen und unter
dem weißen Stoff war deutlich die leichte Wölbung zu
erkennen, wie sie von Haaren auf dem Venushügel gebildet
wird.
Meine Hände griffen nach ihrem Hintern und zogen sie
nach vorne zur Kante der Couch.
Mit entschiedenem Griff zog ich
ihren Slip nach unten und hatten nun die ganze Pracht ihres
Haardreieckes vor mir.
Sie leistete nicht den geringsten
Widerstand, als ich ihr den Slip ganz auszog, sondern nahm ihn
wortlos an sich, um ihn unter ihrem T-Shirt im BH verschwinden zu
lassen.
Als ich mit meinem Gesicht diesem unwiderstehlichen Zwang
nachgab und mich ihrem Haardreieck näherte, schloss sie die
Augen und lehnte sich mit ihrem Oberkörper zurück.
Dem
sanften Druck meiner Hände auf die Innenseiten ihrer
Oberschenkel gab sie bereitwillig nach und ließ ihre Beine
auseinander gleiten.
Entschlossen drückte ich mein Gesicht in
ihren Schoß.
Sie drückte mich ein wenig fort und
rutschte mit ihrem Hintern noch näher an den Rand der Couch, um
mir einen größeren Aktionsradius einzuräumen.
Ich
kann nicht mehr sagen, wie lange ich sie so geleckt habe, aber es
muss irrsinnig lange gewesen sein, obwohl meine Zunge nicht zu
schmerzen begann, was allerdings in der Langsamkeit meines Tuns
begründet sein wird.
Zwei Gedankenabläufe fanden
parallel in meinem Bewusstsein statt.
Ich sah mir von außen
zu, wie ich zwischen Annes Beine geglitten war und erinnerte mich
gleichzeitig an dieses Ereignis, als sei es erst vor wenigen Tagen
gewesen.
Es hatte noch einige Begegnungen mit ihr gegeben, die
mehr oder weniger eindeutig zu meiner Seligkeit beigetragen hatten,
aber nur wenn man den Satz postulierte: Geben ist seliger denn
nehmen.
Im Tiefersinken im Schacht, hatte ich noch einen
Momenteindruck, der mich umgehauen hätte, wenn ich nicht ohnehin
schon im Schwebezustand gewesen wäre. Hinter Anne hing ein Bild
an der Wand, ein altes Ölgemälde, das ich schon seit Jahren
gekannt hatte. Es stellte einen Weg dar und im Hintergrund konnte man
eine Stadt erkennen. Nie hatte ich etwas auf diesem Weg gesehen oder
wahrgenommen. Im Zurücktreten und Zurücksinken konnte ich
eine Szene erkennen. Auf der Straße bewegte sich eine schwarze
Kutsche.
Ich wusste genau, dass in dieser Kutsche Anne und ich
saßen und, dass wir auf dem Weg nach Straßburg waren, im
Jahr 1780. Ich wusste es, ich konnte mich sogar an unser Gespräch
während der Kutschfahrt erinnern.
So unaufhaltsam, wie ich
sank, gingen auch weitere Erinnerungen in den Hintergrund.
Eine
Etage tiefer sah ich mich während einer Zugfahrt, im Gespräch
mit einem älteren Mann. Genauer gesagt redete ich mit diesem
Mann, den ich damals für extrem alt gehalten hatte, nun konnte
ich erkennen, dass dieser Mann etwa Mitte vierzig war.
An dieses
Gespräch konnte ich mich nur vage erinnern. Dieser Mann hatte
damals gesagt, er werde in die USA auswandern und könne daher
unbeschwert reden, weil er sicher sein könne, mich niemals in
seinem Leben wieder sehn zu müssen. Das Gespräch
interessierte mich nur am Rande, war doch wirklich das Wesentliche
dieser Begegnung, dass dieser Mann den Eindruck vermittelte man könne
ihm alles erzählen...
In einem paranoiden Weltbild sah diese
Szene schon wieder ganz anders aus. Hatte es noch andere Begegnungen
gegeben, die ähnlich abgelaufen waren?
Eine Etage tiefer sah
ich mich beim Trampen in den siebziger Jahren des Zwanzigsten
Jahrhunderts.
Klar, beim Trampen.
Wie kam ich nur auf dieses
paranoide Weltbild?
Ich stieg in einen VW 411 Variant ein, es war
in Berlin 1973. Dieser VW hatte mich damals von Berlin bis nach Hamm
mitgenommen und der Fahrer hatte auch noch einen Grund gefunden, über
Werl zu fahren.
Ich sah mich in einem Flugzeug sitzen, auf einem
Flug von Ibiza nach Düsseldorf.
Eine Etage tiefer sah ich
mich mit einer sogenannten Urlaubsbekanntschaft auf Mykonos, mit der
ich drei Wochen verbracht hatte...
Ich erkannte eine weitere
Trampfahrt nach Amsterdam...
Der Detektiv, eine der dreiundzwanzig
mir innewohnenden Persönlichkeiten, kam zum Vorschein.
Was,
wenn alle diese Zufallsbekanntschaften ausgeschickt worden
waren, um mich auszuhorchen.
Der Skeptiker, eine weitere der
dreiundzwanzig mir innewohnenden Persönlichkeiten, meldete
sich.
Quatsch, nimm dich nicht so wichtig!
Was wenn der
Priester, dieser Priester, den ich auf dem Flug von Kreta nach Rhodos
getroffen hatte, nun darüber nachdachte, in wessen Auftrag ich
ihn damals ausgehorcht hatte?
Was wenn dieser Priester zu mir
geschickt worden war, um mir falsche Informationen
unterzujubeln?
Quatsch, nimm dich nicht so wichtig!
Konnte
der Skeptiker sich nicht einmal zurückhalten?
Eine weitere
Szene fesselte mich.
Ich wusste sofort, um welches Ereignis es
sich handelte.
Ich saß nachts auf dem Boden in einem Raum,
der voller Matratzen lag, auf denen Leute schliefen. Bei den
schlafenden Leuten handelte es sich um Dieter, nein, Dieter schlief
woanders; hatte Dieter in dieser Nacht nicht im Bett von Gisela und
Harald geschlafen?
Es handelte sich also nicht um Dieter, sondern
um Michael und Elisabeth. Wobei sich hier auch wieder ein Irrtum
eingeschlichen hat, denn Michael hieß in Wirklichkeit Josef,
was auch in seinem Ausweis stand, doch seine Mutter hatte ihn von
Kindheit an Michael genannt, weil sein Vater auch Josef hieß.
Warum hatte man ihn nicht sofort Michael getauft?
Mir gegenüber
saß Gisela, die Gisela, die mit Harald zusammen war, in deren
Bett jetzt wohl Dieter lag, was ich aber damals alles nicht so
richtig realisierte.
Ich war Siebzehn und Gisela einundzwanzig.
Zumindest das weiß ich noch mit Sicherheit und, dass wir uns
nicht anrührten.
Wir redeten.
Wir redeten bis zum
Morgengrauen, wie ich später mit Jutta so manche Nacht geredet
hatte und mit Susanne beziehungsweise Susanne - es handelt sich um
zwei Susannes.
Ich stellte Gisela in dieser Nacht, als
Siebzehnjähriger, meine Sicht der Dinge dar. Und Gisela, die
Einundzwanzigjährige, die schon damals das Knowledge
hatte, hörte mir aufmerksam zu. Ich war damals mit Dieter,
Michael und Elisabeth nach Bielefeld gefahren, weil in der dortigen
Oetkerhalle eine Veranstaltung der Divine-Light-Mission, einer
indischen Guru-Organisation, die einem vorgeblich fünfzehnjährigen
Guru folgte, der das oben genannte Knowledge an seine Jünger
weitergab. Dieses Knowledge sollte einen Menschen in die
direkte Lage versetzen mit Gott zu kommunizieren. Nach den
Grundinformationen in der Oetkerhalle lud man die Anwesenden in den
Ashram in der Brandenburger Straße 28 ein.
In der
Oetkerhalle hatten etwa fünf bis sechshundert Menschen zugehört
und im Ashram waren es am ersten Abend noch etwa sechzig, am nächsten
Morgen noch gut zwanzig, am nächsten abend noch zwölf,
usw.
Die Angelegenheit lief darauf hinaus, dass nur Leute dieses
Knowledge erhalten sollten, die wirklich nichts anderes mehr
wollten, außer Erhalt des Knowledge.
Das war so
ziemlich die erste Gehirnwäsche, die man an mir versuchte...
Man
weiß ja nur immer von den Gehirnwäschen, die misslingen;
Gehirnwäschen die funktionieren, werden vom Betroffenen nicht
als solche erkannt und wahrgenommen.
In diesem Zusammenhang hatte
Gisela mir nicht viel zu bieten, sie konnte, obwohl sehr gebildet,
nicht viel über das erworbene Knowledge sagen und interessierte
sich sehr für das, was ich ihr zu sagen hatte. Es befremdet mich
noch heute, nach siebenundzwanzig Jahren, dass diese Frau, die
offiziell so viel mehr wissen musste, als ich, ein so großes
Interesse an dem zu haben schien, was ich ihr zu sagen hatte.
Was
hatte ich zu sagen gehabt?
Langsam sank ich weiter im Schacht
meines Seins.
Szenen glitten vorüber, in denen Gewalt von
Personen gegenüber mir verübt wurde.
Bei dem Versuch,
diesen Umstand so neutral wie möglich auszudrücken, bin ich
wohl gescheitert.
Mein Sinkflug stoppte abrupt.
Ich sah mich
als Kind das elterliche Haus verlassen.
Meine Mutter rief mir
ihren Standardsatz nach:
'Und hau mir bloß keine
Kinder!'
Dieser imperative Imprint war es, der dazu geführt
hatte, dass ich mich nicht wehrte.
Langsam, ja zögerlich
bewegte ich mich wieder nach oben.
Warum hatte meine Reise in die
Vergangenheit ausgerechnet mit dem Satz meiner Mutter bezüglich
meiner Aggressionshemmung, zu einer Rückkehr geführt?
Ich
sah mich auf der Treppe im Haus sitzen. Diese Treppe führte eine
Etage höher. Ich saß auf einer der unteren Stufen und
Klaus-Dieter saß oben. Klaus-Dieter war gerade eingezogen und
war ein Jahr jünger als ich. Er war drei und ich war vier. In so
unmittelbarer Nähe hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt kein
weiteres Kind erlebt.
Ja, ich war gleichsam unter Erwachsenen
aufgewachsen, die alle im Alter meiner Eltern waren und somit schon
relativ alt - aber was ist schon relativ? Meine Mutter war vierzig
und mein Vater vierundvierzig, als sie mich bekamen.
Der Kontakt
zu Klaus-Dieter war einige Tage so weitergegangen, bis wir die
trennende Treppe überwinden.
In der nächsten Szene sah
ich mich durch den Garten gehen und Klaus-Dieter kam von hinten, um
mir mit einer Schüppe auf den Kopf zu schlagen. Er schlug mit
dem Metall zu, glücklicherweise flach - und ich weiß bis
heute nicht, wer die Schüppe drehte, um so mein Leben zu
bewahren, bin demjenigen aber trotzdem unbekannterweise dankbar. Der
Kommentar des Vaters von Klaus-Dieter war, ich solle froh sein, dass
er nicht mit dem Holz zugeschlagen habe, so etwas könne mehr
schmerzen. Einen Grund für dieses Zuschlagen hatte er nicht
gehabt. Tage später, er schien sich an die Worte seines Vaters
ebenso gut zu erinnern, wie ich, schlug er, wieder von hinten mit
seiner Holzgarage zu. Von meinen Eltern bekam ich keinen Kommentar,
sie waren wohl froh, dass ich endlich einen gleichaltrigen
Spielgefährten hatte. Klaus-Dieters Vater war es, der mir immer
wieder sagte, ich solle doch 'mal zurückschlagen.
Ich steckte
in der Zwickmühle, meine Mutter erwartete etwas anderes von mir,
als Klaus-Dieters Vater. Andererseits verfügte Klaus-Dieter über
ein Gewaltpotential, das man nicht unterschätzen sollte und das
schon im Vorschulalter.
Eines Tages, wir spielten gerade Cowboy
und Indianer und das Spiel gestaltete sich ausgewogen und ohne
Gewalt, kam es zu der Situation, dass ich als Cowboy von dem Indianer
Klaus-Dieter an ein Garagentor gefesselt wurde. Dann begann er
hemmungslos auf mich einzudreschen. Es gelang mir, die Fesseln zu
lösen und ich schlug tatsächlich zurück,
einmal.
Klaus-Dieter brüllte wie am Spieß und hat mich
nie wieder angerührt.
Trotzdem wurde das nicht die Regel.
Meistens, fast immer wehrte ich mich nicht. Bis heute habe ich nicht
begriffen, warum Menschen ihrem friedlichsten Nächsten grundlos
Gewalt antun.
Langsam schwebte ich höher.
Was konnte ich
dieser Sequenz entnehmen?
Klaus-Dieter hat versucht mich zu
vernichten, obwohl er mich nicht kannte. Anne hat meine Bemühungen
ihr gegenüber als relativ einseitig geschehen lassen, was sie
übrigens Jahre später sehr bereut hat, wie sie mir mehr als
einmal anvertraute.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden
leben, wenn's dem lieben Nachbarn nicht gefällt.
Wie oft
hatte ich diesen Spruch von meinem Vater zu hören bekommen!?
*
Wieder hatten wir uns in diesem kleinen Café
getroffen und Anne war der Meinung, viele Probleme mit denen man
heute zu tun habe, würden aus vorherigen Leben resultieren. Als
sie das so vor sich hin sagte, konnte ich nicht wissen, dass sie im
vorvorigen Leben meine Ehefrau Lorenza gewesen war.
"Ich habe
in Hypnose eine unendliche Reihe von Türen vor mir gesehen, die
in vorherige Leben führten!"
"Kann ich mir
vorstellen! Ich glaube, dass ich, wenn ich in diesem Schacht weiter
nach unten schwebe, in vorherigen Leben landen werde. Denn, wenn ich
an die Stelle komme, in frühester Kindheit, an der ich umkehre
oder umgekehrt werde, kann ich spüren, dass es unter mir noch
sehr weit runter geht!"
"Ich hatte doch neulich
versucht, dir von der Fahrenheit zu erzählen, als Regina
hereinkam, wie immer im passenden Augenblick, dafür scheint sie
ein Gespür zu haben!"
Wir lachten.
"Jedenfalls
war ich bei Vinzenza Fahrenheit und habe mich bei ihr hypnotisch
zurückführen lassen. Wahnsinn, ich kann Dir gar nicht
sagen, wie irre das war!"
"Doch, ich kann es mir
vorstellen! Und kam ich auch dabei vor, in einem deiner früheren
Leben?"
Sie sah mich an, als habe ich ihr erzählt, die
Erde sei nun doch wieder eine Scheibe.
"Du!"
Sie
schien kurz nachzudenken.
"Irgendwie schon?!"
Sollte
ich ihr etwas von der Kutsche erzählen, in der ich uns gesehen
hatte, obwohl sie geschlossen war?
"Ich kann mich erinnern,
dass wir 1780 nach Straßburg gefahren sind, in einer schwarzen
geschlossenen Kutsche, die mit Symbolen bedeckt war. Du und ich!"
Sie
sah mich aufmerksam an.
"Erzähl noch mehr!"
"Vielleicht
sollte ich genau das nicht machen, denn es würde deine
Erinnerungen vorprogrammieren, wenn meine leichtfertige Äußerung
es nicht schon getan hat. Ich muss immer wieder feststellen, dass ich
nichts für mich behalten kann, wahrscheinlich eine Eigenschaft,
die mich schon Jahrhunderte lang begleitet."
Wieder kam
Regina im richtig-falschen Moment, wie hätte es auch anders sein
können, jedoch hatte Anne noch schnell versprochen, Vinzenza
Fahrenheit werde sich bei mir melden, sie werde den Kontakt
herstellen.
Tatsächlich, ich hatte am nächsten Tag frei
und wollte mich gerade meditativ in meine Erinnerungen stürzen,
stand eine unscheinbare kleine Frau vor meiner Tür, die
vielleicht Mitte fünfzig war, oder Anfang dreißig.
"Fahrenheit,
ich heiße Vinzenza Fahrenheit. Anne hat mir gesagt, du könntest
meine Hilfe brauchen!"
"Ja, komm rein!"
Irgendwie
war ich einerseits überrumpelt, aber andererseits kam sie mir
wirklich gelegen.
"Kaffee!?"
"Nein danke!"
Sie
setzte sich.
"Etwas anderes zu trinken, oder essen?"
"Nein
danke!"
Sie sah mich lange an.
"Ich habe selten so
eine alte Seele getroffen!"
"Wie?"
"Du bist
wahrscheinlich älter, als alle Menschen, die ich bisher
getroffen habe!"
Ich kommentierte es nicht.
"Kannst
du dich denn an frühere Leben erinnern?"
"Ja und
nein! Einerseits habe ich einige Erinnerungsfetzen, andererseits kann
ich sie nicht zuordnen!"
"Vielleicht kannst du mir etwas
mehr erzählen!"
Ich berichtete ihr, von der Holzklappe
und deren Überwindung.
"Das ist wahrhaftig ein guter
Weg! Eigentlich der direkteste und naheliegendste. Du reist
chronologisch in die Vergangenheit! Meine Methode benutzt Seitenwege,
und geht etwas schneller, obwohl ich meine dass dein Weg sicher der
bessere und gründlichere ist!"
Ich war
erschlagen.
Erstens weil er mich für so alt hielt und
zweitens, weil er meine Methode für die bessere hielt.
"Trotzdem
würde ich dir vorschlagen, doch einmal mit meiner Methode eines
deiner vorherigen Leben zu bereisen, vielleicht hast du dann besseren
Zugang zu den einzelnen Erinnerungen!"
Ich war so überrascht,
dass ich Minuten später entspannt im Fernsehsessel lag, den ich
von meinem Vater geerbt hatte.
Ich hörte ihre Stimme und
erreichte sehr schnell einen tiefen Entspannungszustand.
Ihre
Stimme brachte mich über eine Wiese in einen Schwebezustand
zwischen rosafarbenen Wolken. Die Farben, die er mir suggerierte
waren nach einiger Zeit nur noch Gold und rosa, was mir zwar nicht
gefiel, was ich aber trotzdem über mich ergehen ließ. Ich
machte kompromisslos mit.
Ich weiß nicht wie lange es
gedauert hatte und ich stand vor einer unendlich langen Reihe roter
Türen mit goldenem Rahmen in einer rosawolkenfarbigen
Umgebung.
Ich dachte an die Kutsche, in der ich mit Lorenza
gesessen hatte...
Vinzenza suggerierte mir nun die Anwesenheit
meines Höheren Selbst, das ich bat, mich in das Leben zu führen,
in dem die Fahrt mit der Kutsche stattgefunden hatte.
Die
unendliche Reihe von Türen bewegte sich vor meinen Augen, bis
eine dieser Türen direkt vor mir zum Stillstand kam.
Die Tür
öffnete sich und ich fand mich auf einem Trampelpfad wieder, der
einen Berghang hinab führte. Es war warm, die Sonne stand hoch
am Himmel, so hoch, dass ich mir sofort sicher war, mich im
Mittelmehrraum aufzuhalten. Ich ging den Trampelpfad hinab.
Im
Hintergrund vernahm ich die Stimme Vinzenzas, die mich aufforderte,
doch einmal meine Schuhe und meine Kleidung zu betrachten. Ich blieb
stehen. Meine Schuhe waren Schnabelschuhe aus grobem braunem
Leder...
*
Ich stand vor einem Buchsteinhaus.
Haus, Bruchsteinhaus.
Vielleicht war dieser Begriff etwas
übertrieben.
Vielleicht war es mehr eine Art Verschlag.
Die
Steine waren ohne Mörtel übereinandergeschichtet.
Du
umrundest das Gebäude!
Woher kam diese Stimme?
Ich konnte
das Haus nicht umrunden, es war in den Berghang hineingebaut.
Sieh
dich um, vielleicht hängt da ein Kalender.
Wozu brauchte ich
einen Kalender, es war 1759 im September.
Ich sah mir die
"Inneneinrichtung" des Hauses an...
Die Stimme, die von
überall zu kommen schien, forderte mich auf, einige Jahre später
nachzusehen.
1762, woher wusste ich sofort das Jahr, als ich mich
hinter der Kuppe einer leichten Anhöhe liegend wiederfand, einen
Hohlweg betrachtend, den reiche Kaufleute benutzten?
Irgend etwas
zog mich zurück, riss mich wieder vor die Türen.
Die
Türen bewegten sich, bis eine vor mir zum Stillstand
kam.
Eine neue Tür öffnete sich.
Ich trat hindurch
und hörte die entfernte Stimme.
Wieder stand ich da und
blickte zu meinen Sandalen auf den Boden.
Nun, es war wohl eine
andere Zeit, aber war es nun früher oder später?
Zumindest
war das Klima genau so gut, wie hinter der ersten
Tür.
Merkwürdigerweise war mir zuvor gar nicht
aufgefallen, dass es warm gewesen war, so wie jetzt.
Das Schwert
an meiner Seite behinderte mich beim Laufen. Ich zog das römische
Kurzschwert und machte damit zur Probe einige Bewegungen in der
Luft.
Ich hätte dieses Schwert für schwerer gehalten -
nein, da gab es eine andere Erklärung.
Ich hätte dieses
Schwert für schwerer gehalten, ich, Fenda Loras aus dem Jahr
2002 nach Christus.
Mein Oberarm war deutlich dicker, als ich ihn
kannte, meine Kraft war die Ursache für die Leichtigkeit des
Schwertes, nicht das tatsächliche Gewicht.
Ich schloss kurz
die Augen und sah mich, einhändig das Schwert führend,
während meine Gegner sich beider Hände bedienten.
Warum
war ich nicht in der ersten Erinnerungswelt geblieben?
Gab es da
einen Grund?
Wenn es einen Grund gab...
Eine Galeere war am Kai
festgemacht. Die Ruder lagen zum Teil an Land um ausgebessert zu
werden einige Sklaven waren damit beschäftigt, sie mit
ölhaltigen Tüchern einzustreichen.
Langsam näherte
ich mich den arbeitenden Sklaven.
An die Kaianlagen grenzte ein
Häuserstreifen, angeführt von einer Taverne. Im Hintergrund
konnte man sehen, wie Galeeren entladen wurden, die schwer und tief
im Wasser lagen.
Die Sonne stand am Himmel und brannte
unerbittlich hernieder. Es handelte sich um die Mittagszeit.
Ich
begann vor mich hinzumurmeln, als wolle ich alles was ich sah
jemandem erzählen, den es gar nicht gab. Als wolle ich den
Göttern etwas erzählen, das sie ohnehin schon wussten.
"Bei
Jupiter!"
Mein Blick fiel nach rechts, als ich Geräusche
aus der nahegelegenen Taverne hörte.
Menschen brüllten
als würden sie sich erheblich vergnügen. Männer
grölten und die Stimme einer Frau schrie
erbärmlich.
Unweigerlich sah ich zur Taverne rüber. Aus
dem dunklen Eingang löste sich eine Gestalt. Eine Frau, wohl die
Frau, die zuvor geschrien hatte, rannte auf mich zu. Ihr folgten
sieben Männer, die noch die Krüge roten Weines in den
Händen hielten.
Die Frau schrie immer noch und stolperte, so
dass sie vor mir in den Staub stürzte.
Schnell wurde sie von
den Männern umringt.
Sie schrie.
"Halt!"
Das
musste meine Stimme gewesen sein.
Als hätte sich ein
Automatismus in Bewegung gesetzt, redete ich weiter.
"Meine
lieben, geht wieder in die Taverne zurück und lasst sie in Ruhe!
Ich werde nicht zulassen, dass ihr ein Haar gekrümmt wird!"
Mit
langsamen Schritten ging ich auf die sieben Männer zu, ohne
meine Schritte beeinflussen zu können.
Einer zog ein Messer
und trat mir entgegen.
"Was Willst du, Legionär!"
Der
Mann neben ihm grinste.
"Willst du es mit Sieben
aufnehmen?!"
Nichts in mir rührte sich, meine Hand fuhr
nicht zum Schwert und ich machte einen weiteren Schritt auf die
Männer zu.
"Lasst die Frau in frieden und geht zurück
in die Taverne!"
Ein achter Mann kam aus dem dunklen Loch,
das ich als Eingang identifiziert hatte.
"Haltet ein! Kommt
zurück und gebt sie frei! Wisst ihr denn nicht, wem ihr da
gegenübersteht? Es ist Polonius!"
Die sieben Männer
traten ohne zu zögern Schritt für Schritt zurück,
nachdem der Wirt zu ende gesprochen hatte.
Polonius!
Dieser
Name hatte drei völlig unterschiedliche Folgen.
Die sieben
Leute zogen sich vorsichtig zurück, in mir kam ein weiterer Name
an die Oberfläche meines Bewusstseins und ich wusste genau, dass
ich es war, ich Polonius...
Polonius!
William
Shakespeare!
Polonius war eine Gestalt aus Hamlet!
War ich in
einem Bühnenstück gelandet?
Ich sah mich unweigerlich
um, als ich mit meinen Überlegungen so weit vorgedrungen
war.
Für eine Bühne zu realistisch und viel zu
aufwendig.
Ein kurzer spitzer Schrei der Frau...
Ein Aufblitzen
aus Richtung der sieben Männer und mein aus der Scheide
fahrendes Kurzschwert, drei Ereignisse, die gleichzeitig
stattfanden.
Mein Schwert hieb das fliegende Messer zur Seite, das
einer der Männer nach mir geworfen hatte.
Kommentarlos
steckte ich das Schwert wieder zurück und ging entschlossen auf
die Männer zu.
Nichts und niemand würde sich mir in den
Weg stellen, das wusste ich genau.
Schnell wandten sie sich ab und
eilten zurück in die Taverne.
Meine Hand hielt ich der Frau
entgegen, ohne auch nur einen Blick nach unten zu werfen, denn in
solchen Momenten sollte man die Eingänge von Tavernen im Auge
behalten.
Sie zog sich an meiner ausgestreckten Hand nach oben und
stand Sekunden später vor mir, um auch schon wieder zu Boden zu
gehen.
Mein Arm hatte sie kraftvoll zu Boden geschleudert, während
wieder das Schwert aus der Scheide sprang um den Pfeil zur Seite zu
fegen, der sich ansonsten der Frau in den rücken gebohrt
hätte.
Irgend etwas machte Klick in meinem Bewusstsein und es
gab kein Zurück mehr.
Gemessenen Schrittes ging ich auf die
Taverne zu, ohne dass ich das Schwert zurücksteckte.
Sieben
Schritte vor dem Eingang blieb ich stehen.
"Ich gebe euch nun
eine letzte Gelegenheit das Weite zu suchen!"
Ich rief diesen
Satz in die Taverne, schien es mir dann aber anders zu überlegen,
denn es hatte ja zuvor Klick gemacht.
Mit zurückgestecktem
Schwert stürmte ich die Taverne.
Es mag wohl einige Minuten
gedauert haben.
Irgend jemand schien den Vorhang, der sich vor
mein Bewusstsein geschoben hatte beiseite zu schieben.
Ohne Eile
ging ich wieder nach draußen, zu der Frau, die nun ohne fremde
Hilfe aufgestanden war.
Mit weit geöffneten Augen blickte sie
mir entgegen.
"Du lebst, Fremder!"
Ich lachte.
"Klar
lebe ich! Aber einige in der Taverne werden wohl noch lange Zeit
damit verbringen sich an den heutigen Tag zu erinnern! An den Tag,
als sie sich Polonius in den Weg stellten."
Etwas riss mich zurück in den kanalartigen Tunnel, zurück
in die Gegenwart.
Zurück in die Gegenwart?
*
Bisher hatten wir an dieser Stelle einen Text, der bis
zum 04.09.2001 fertiggestellt worden war.
Nun behauptete Fenda
Loras, er habe den bereits vorhandenen Text noch einmal durchgelesen,
um ihn zu ergänzen.
Weiterhin habe er eine E-Mail von der
Autorenagentur weitergeleitet bekommen, die ihn dazu motiviert hätte,
diese seine Geschichte weiterzuschreiben.
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