VORWORT

Die Kurzgeschichte, Der Spieler und Sonstwas, entstand nach dem Aufruf durch die PR-Redaktion, Kurzgeschichten einzusenden, die sich mit dem Thema DIE GROßE LEERE beschäftigten. Da der Autor nach Einsendung dieses Textes nichts gehört hat, bat er uns, ihn bei Autorenagentur einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Hier könnt Ihr die gamze Geschichte lesen.

Der Spieler und SONSTWAS

Der Ertruser bediente das Spiel, indem er mit seiner linken Hand einige Zeichen in die Luft malte, die der Syntron des Spielfeldes direkt dermaßen uminterpretierte, dass das Hologramm des Haluters eine andere Position einnahm.

Ich brauchte einige Sekunden, um die nun grundlegend geänderte Situation zu verarbeiten, da der Haluter die mächtigste Figur des Spiels war und ich meinen schon verloren hatte, gab es nur noch eine einzige Schlußfolgerung; ich hatte nicht mehr die geringste Chance.

Zögernd sah ich den Ertruser an, der sich ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Ich gebe auf! Vielleicht sollte ich nie wieder mit dir spielen, wahrscheinlich werde ich noch in einigen Jahrhunderten zu schlecht sein, um dir ein angemessener Gegner sein zu können!"

Der riesenhafte Mann grinste noch breiter.

„Damit wirst du wohl recht haben, Notan!"

Als er aufstand und sich selbstzufrieden entfernte, sah ich ihm mißbilligend nach.

„Du bist wahrscheinlich der einzige Galaktiker an Bord der Basis, der gegen niemand anderen der zwölftausend Crewmitglieder eine Chance bei diesem Spiel hat!"

Sinaria setzte sich mir gegenüber auf den Hocker, der für eine Springerin ganz und gar nicht geeignet war, gehörte er doch in die Kategorie von Sitzmöbeln, wie sie dazu geeignet waren, die gigantomanischen Gewichte von Ertrusern auszuhalten.

„Ebenso, wie der Hocker, auf dem du nun sitzt, wohl so ziemlich der einzige an Bord zu sein scheint, der nicht mittels Formenergie umzustrukturieren ist, sondern nur zu einem Ertruser paßt."

Ihre wallenden roten Haare schimmerten im Licht der indirekten Beleuchtung und ich mußte kurzfristig darüber nachdenken, wie dieser Schimmer sich wohl auf einem Planeten mit blauer Sonne machen würde.

Sie betrachtete die Spielfiguren, die immer noch als Hologramme zwischen uns schwebten.

„Hattest du denn nicht bemerkt, daß er nur auf den Einsatz seines Haluters gewartet hatte?"

Auch andere Personen in der Spielhalle dreiundzwanzig der Basis näherten sich nun meinem Tisch, um sich von meiner Unfähigkeit beim Spiel zu überzeugen, oder möglicherweise daran zu ergötzen.

„Wahrscheinlich werde ich nie wieder dieses Spiel spielen, denn..."

„Denn es gib so viele Gebiete auf denen du besser bist!"

„Da hast du allerdings Recht, Sinaria!"

Die Stimme der Hamiller Tube klang auf.

„Ihr habt Recht, niemand an Bord hätte einen Grund, eine Runde des Spiels mit Notan zu fürchten!"

„Mußte das sein, Hamiller? Bisher war es immer nur ein Gerücht gewesen, daß ich der schlechteste Spieler sei, aber nun..."

„Du mußt mir schon meine Information verzeihen, denn ich muß Sinaria Recht geben, wenn sie sagt, du hättest eben andere Fähigkeiten!"

Nach diesen Worten der Hamiller Tube grinsten einige der Umstehenden anzüglich.

„Sicher habe ich andere Fähigkeiten, diese Information hättest du nicht zu bestätigen brauchen, stellvertretender Kommandant!"

Die Hamiller Tube war überall im Schiff in einer Form präsent, die einem schon unheimlich sein konnte, doch es hatte meines Wissens noch nie einen Fall gegeben, in dem der stellvertretende Kommandant der Basis seine Möglichkeiten gegen ein Mitglied der Besatzung genutzt hatte.

„Einige deiner Fähigkeiten brauchen wir nach der nächsten Schlafperiode! Harold Nyman hat mich autorisiert, diesen Einsatz mit dir zu planen und vorzubereiten. Du kannst dir die Besatzung für eine Space-Jet selber zusammenstellen! Das Ziel ist ein Sonnensystem, in dem einer unserer Aufklärer ungewöhnliche Energieemissionen angemessen hat."

„Klar Hamiller! Und weil man dieser Geschichte auf den Grund gehen muß, willst du eine Space-Jet bemannen..."

„Oder befrauen!"

„Richtig Sinaria! Befrauen wir eine Space-Jet!"

Die Umstehenden hatten sich weitgehend entfernt, konnten sie sich doch nicht mehr meiner Niederlage gegenüber dem Ertruser erfreuen, doch über den Begriff des Befrauens einer Space-Jet, kam doch ein verhaltenes Gelächter auf.

„Wenn du mir schon überläßt, die Besatzung zusammenzustellen, wird ja wohl auch niemand etwas dagegen haben, wenn ich ein akonisches Beiboot benutze, du weißt, daß mir die terranische Version zu plump ist!"

Nach dieser Bemerkung murrten einige der im Raum befindlichen Terraner, denn diesbezüglich waren sie absolut anderer Meinung.

„Gut, deinem Wunsch kann entsprochen werden! Eine akonische Flachjet wird nach der nächsten Schlafperiode bereit sein! Vielleicht sollte ich dir eine Vorschlagsliste zusammenstellen, was die mögliche Besatzung betrifft..."

„Nein, Hamiller! Ich werde dir innerhalb der nächsten drei Stunden mitteilen, wer mich bei dieser Mission begleiten wird, vorausgesetzt, die von mir ausgesuchten Personen sind dazu bereit."

*

Ich brauchte keine drei Stunden, um der Hamiller Tube eine komplette Liste der Besatzungsmitglieder vorzulegen und hatte daher noch Zeit, das diskusförmige Raumschiff im Hangar aufzusuchen, das sich mit seiner Eleganz so sehr von den plumpen terranischen Space-Jet-Modellen in seiner Umgebung unterschied, daß es mir schon Freude bereitete, mir das Design der Proportionen anzusehen. War eine terranische Space-Jet im Verhältnis von achtzehn zu dreißig Meter für Höhe und Durchmesser konstruiert, Durchmaß ein entsprechendes akonisches Modell bei einer Höhe von fünfzehn Metern immerhin an der Stelle seines größten Durchmessers fünfundvierzig Meter. Wenn man bedachte, daß es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der die galaktischen Raumschiffkonstrukteure die Kugelform für das Maß aller Dinge im Raumschiffbau gehalten hatten, verstand man natürlich auch die von mir als plump bezeichnete Annäherung der terranischen Gazelle, die dann später durch die etwas modernere Space-Jet abgelöst worden war. Ohne die Leistungen meines Volkes der Akonen in den Vordergrund spielen zu wollen, kann ich behaupten, daß die innovativen Elemente in unserer Galaxis fast nur aus dem Blauen System gekommen sind. Auch wenn einige Geschichtsschreiber die Rolle der Terraner doch sehr weit in den Vordergrund gerückt haben, waren es doch die Akonen, die sich über Jahrtausende hinweg auf eigene Forschung gestützt haben, wogegen die Terraner sich in der Regel auf kriegerisches Erbeuten der Technologien anderer beschränkten, die sie dann zugegebenerweise meistens erfolgreich zu modifizieren verstanden.

Vielleicht sollte man den Terranern zugute halten, daß sie alle ihre kleineren Raumfahrzeuge mit Teleskopstützen ausstatteten. Die terranischen Konstruktionen standen alle auf ihren Stützen auf dem Boden des geräumigen Hangars, während das von mir favorisierte Raumfahrzeug voller Eleganz etwa zwei Meter über dem Boden schwebte. Versonnen glitt mein Blick über den angeflanschten Doppelring, der die Jet im Äquatorialbereich umgab und nur an fünf Stellen Kontakt mit der vorhandenen Außenhülle hatte. Diese filigrane Konstruktion vermittelte den Anschein der Zerbrechlichkeit, gepaart mit einer Eleganz, wie sie eigentlich nur der akonischen Architektur eigen sein konnte. Akonendesign, vielleicht sollte ich nach meiner Rückkehr nach Akon anregen, daß man wieder solche Raumschiffe baute.

Nichts und niemand hätte mich dazu bewegen können, eines der terranischen Schiffe vorzuziehen.

Da sich niemand im Hangar in der Nähe des kleinen Raumschiffes zu befinden schien - ich sah mich verstohlen um - sprach ich den Raumer an.

„Akons Sichel! Wir werden Morgen ins Vakuum eintauchen und einen Ausflug machen!"

„Bevor du weiter redest, Ehrwürdiger, muß ich dich auf die Anwesenheit einer Person hinter der Teleskopstütze meines Nachbarn aufmerksam machen!"

Schnell sah ich mich um.

Der Syntron Akons Sichel hatte recht.

Lachend kam Sinaria unter dem benachbarten Raumschiff hervor und verneigte sich spöttisch vor mir.

„Hätte ich gewußt, unter dem Kommando eines Ehrwürdigen anzuheuern..."

Da sie den Rest des Satzes offen ließ, ergänzte ich mit einer Vermutung.

„Hättest du es vorgezogen, weiter in der Basis zu versauern!"

„Nein! Hätte ich mir natürlich einen, deiner Würde entsprechenden, SERUN besorgt!"

Sinaria berührte mich an der Schulter und zwang mich so, in ihr Gesicht zu sehen.

„Weißt du überhaupt, daß dieses kleine Beiboot zur Erstausstattung der Basis gehört? Weißt du daß dieser Raumer seit fast eintausendfünfhundert Jahren in diesem Hangar herumschwebt und noch nie, ich wiederhole, noch nie, im Weltraum war? Weißt du, daß es noch keinen einzigen Einsatz gegeben hat, bei dem man dieses Museumsstück benutzt hat?"

Während dieser Worte war sie immer lauter geworden, bis sich ihre Stimme fast überschlug und die letzten Worte fast geschrien wurden.

„Ach!"

„Was heißt hier ach? Wenn du glaubst, du könntest irgend ein Besatzungsmitglied überreden, sich dieser abgetakelten Fregatte anzuvertrauen, hast du dich geirrt!"

„Du meinst, wenn die anderen Mitglieder der Besatzung wissen, wie alt dieser Raumer ist, werden sie nicht mitmachen wollen? Dann werden sie es eben nicht erfahren!"

„Was? Sie werden es nicht erfahren? Du willst sie im Ungewissen lassen? Das kann doch nicht dein Ernst sein!"

„Doch!"

Sie starrte mich an, als litte sie unter Halluzinationen und wäre sich jetzt nicht sicher, in mir ein reales oder halluziniertes Gegenüber zu sehen.

„Ja, Sinaria! Ich weiß nicht was es für einen Unterschied machen soll, wie alt dieses Raumschiff ist, es wird uns genau so gut und so sicher befördern können, wie ein Raumfahrzeug, das erst vor wenigen Jahren seine Werft verlassen hat. Du solltest bedenken, daß alle Beiboote der Basis immer auf dem neuesten Stand der galaktischen Technik gehalten worden sind. Wenn du diesem Beiboot dein Leben nicht anvertrauen willst, muß ich dich fragen, warum du es dann gewagt hast, an dieser Expedition zur Großen Leere teilzunehmen, denn die Basis ist ja wahrscheinlich zumindest genau so alt!"

Obwohl ich nach diesem Vortrag eine weitere Gegenrede ihrerseits erwartet hatte, schwieg sie, wandte sich ab und sah sich das akonische Raumfahrzeug genauer an.

„Es muß doch irgendeinen Grund geben, warum du ausgerechnet auf diesem Vehikel bestanden hast!"

„Es muß auch irgendeinen Grund geben, warum die Hamiller Tube der Meinung zu sein scheint, man könne sieben Passagiere diesem betagten Raumschiff anvertrauen!"

Sinaria entfernte sich von mir, bis sie genau unter der Öffnung stand, die sich in der unteren Polregion aufgetan hatte.

„Woher hast du überhaupt deine Informationen über das Alter des Beibootes, Sinaria?"

Sie drehte sich irritiert zu mir herum.

„Ich habe sie mir einfach aus den Speichern der Basis herausgeholt!"

Ich stellte mich zu ihr und schnippte demonstrativ mit den Fingern meiner rechten Hand.

Ein Antigravfeld ergriff uns um uns nach oben in den Diskusraumer zu befördern.

„Sieh dir diese Umgebung an, Sinaria! Du mußt doch wohl zugeben, daß die heute üblichen Raumfahrzeuge nicht mehr über einen solchen Komfort verfügen!"

„Welkoma in Palazzo!"

Die Stimme des Syntrons des Raumers hatte einen angenehmen weiblichen Klang.

„Muß ich mir einen syntronischen Translator mitbringen, wenn ich tatsächlich bei dieser Expedition mitmachen sollte?"

Der Syntron der Space-Jet ließ Geräusche erklingen, die an ein Gelächter erinnerten.

„Nein, es gehört zum selbstverständlichen Service, daß ihr euch aller erdenklichen Kommunikationssysteme bedienen könnt, die bekannt sind, in unserer Galaxis oder an jedem anderen beliebigen Ort, an dem sich die Basis in den letzten Jahrtausenden aufgehalten hat."

*

Nach dem Hyperraumaustritt befanden wir uns schon im angegebenen Zielsystem.

„Keine eindeutig als künstlich zu identifizierenden Objekte im gesamten Erfassungsbereich unserer Ortungsanlagen!"

„Danke Sinaria! Du solltest unsere Aufmerksamkeit auf den Planeten richten, der sich in der Ökosphäre für Menschen, Blues und..."

„Wolltest du vielleicht Terraner sagen, ehrwürdiger Notan?"

Wenn sich in diesem Augenblick nicht die Syntronik eingeschaltet hätte, wäre es sicher möglich gewesen, daß ich die Vermutung des Blues Kryzick Pschrenn bestätigt hätte, so aber hatte ich Gelegenheit, mich voll auf die Ausführungen der Syntronik mit der angenehmen Stimme zu konzentrieren.

„Innerhalb der Ökosphäre für Blues und Lemurerabkömmlinge befindet sich ein Asteroidengürtel!"

„Du hast Recht!"

Sinaria ließ über ihrer Nasenwurzel eine tief ausgeprägte vertikale Falte entstehen, indem sie die dazu erforderlichen Muskeln zusammenzog.

„Habe ich eben Syntron zu dir gesagt? Vielleicht bist du ja auch nur eine total veraltete Positronik!"

„Nach den Richtlinien der Hamiller Tube bin ich als Syntron anerkannt worden, oder hast du schon einmal eine Positronik erlebt, die von sich als ICH reden kann?"

Der Blue richtete sich in seinem Konturlager auf und nahm seinen Tellerkopf aus der eigens für Blues vorgesehenen Sicherheitshalterung.

„Was soll diese fruchtlose Diskussion? Wenn du dich mit dem Syntron oder der Positronik, oder mit dem Computer des Raumschiffes anlegen willst, dann versuche es in deiner Freizeit Sinaria!"

Mit einem lauten Klatschen ihres Schwanzes auf dem Boden der Zentrale machte sich die Topsiderin bemerkbar, deren Name so eigentümlich in den Ohren von Lemurerabkömmlingen klang, daß wir sie Milli nannten.

„Wir sollten uns den Asteroidengürtel vielleicht etwas näher ansehen, Notan von Azur!"

„Du hast natürlich recht, Milli! Kommandant an Computer, Positronik, Syntron oder sonstwas; Kurs auf den Asteroidengürtel!"

„Kurs liegt an, Kommandant! Danke, du bist der erste, der es für nötig befunden hat, mir einen Namen zu geben!"

Betretenes Schweigen herrschte in der Zentrale, als ich Sinaria ansah, die ihrerseits Kryzick Pschrenn ansah, der, immerhin verfügte er über vier Augen, Milli mit dem vorderen Augenpaar und mich mit dem hinteren betrachtete.

„Gut, SONSTWAS! Vielleicht kannst du uns einmal erklären, warum einer der Asteroiden den Gürtel zu verlassen scheint!?"

Der Blue schien wirklich mehr wahrgenommen zu haben, als wir alle zusammen, einschließlich dem Steuergehirn des Raumschiffes, das ich, ohne es wirklich zu wollen, SONSTWAS getauft zu haben schien. Warum ich allerdings diesen seit Jahrtausenden veralteten Begriff getauft gebraucht hatte, konnte ich mir dann auch im Nachhinein nicht erklären.

Meine Aufmerksamkeit richtete ich auf die nun fokussierte Erfassung des Asteroiden, der aus der Reihe zu tanzen schien.

„Das ist alles andere als ein Asteroid! Wenn man die Energieemissionen berücksichtigt und den Hohlraum, den ich geortet habe, kann es sich nur um ein terranisches Modell handeln!"

„Wie meinst du das SONSTWAS?"

„Das Energiemuster kann nur terranischen Ursprungs sein, wenn ich die angemessene Emission mit den gespeicherten Werten vergleiche, handelt es sich eindeutig um terranische Aggregate in primärer Lauer-und Ruhestellung, wie man sie etwa im Jahr zweitausendvierhundert der Zeitrechnung vor der Zeitrechnung benutzte!"

„Du willst behaupten, Syntron, daß das Energiemuster der Aggregate des Asteroiden..."

„Ja, Sinaria! Danke, daß du mich als Syntron anerkannt hast!"

„Kommandant an SONSTWAS und alle anderen! Vorsichtig in einem Abstand von mindestens einer Lichtminute folgen! Schirme ein!"

„Schirme stehen!"

„Sonden raus, zur Ermittlung genauerer Informationen!"

„Sonden raus."

Sekundenbruchteile später konnte ich die Energiereflexe, sich schnell entfernender Ortungssonden kurzfristig erkennen.

Ich weiß nicht, warum ich immer nervöser wurde, aber was hatte eine terranische Konstruktion hier zu suchen, zweihundertfünfundzwanzig Millionen Lichtjahre von unserer heimatlichen Galaxiengruppe entfernt?

Wie sollte ein terranisches Raumfahrzeug hierher gelangt sein, es hatte ja nur rund zweitausendvierhundert Jahre Zeit gehabt, zu wenig für die Überwindung dieser Strecke im Unterlichtflug.

An eine Überwindung aus eigener Kraft im Überlichtflug wagte ich erst gar nicht zu denken.

„Was für einen Kurs hat der Asteroid? Befindet er sich in einem ähnlich stabilen Orbit, wie die gewöhnlichen Asteroiden des Gürtels?"

„Nein, Notan von Azur, der Asteroid befindet sich eindeutig auf einem anderen Kurs und es handelt sich tatsächlich um einen höchstgradig unwahrscheinlichen Zufall, oh wie ich dieses Wort hasse, daß wir hierherkamen, als er dabei war, den Asteroidengürtel zu durchstoßen!"

„Danke für denen Vortrag Kryzick Pschrenn!"

Sinaria stand von ihrem Platz auf und kam zu mir herüber.

„Vielleicht sollten wir davon ausgehen, daß dieser Asteroid seine klare Funktion im Nichtentdecktwerden seiner Besatzung gehabt hatte! mit anderen Worten, können wir ihn wahrscheinlich nur identifizieren, weil unsere Ortungsanlagen nicht die letzten Jahrtausende in irgendeinem Regal herumgelegen haben, sondern gezielt verbessert worden sind. Ich bin mir also sicher, daß die Überwachungspositronik des Asteroiden noch immer der Meinung sein muß, unerkannt durch dieses System zu treiben, ohne als terranischer Asteroid mit Inhalt erkannt worden zu sein!"

„Das klingt logisch, Sinaria!"

Kryzick Pschrenn hatte sich wieder in seinen Sitz gesetzt.

„Unsere Sonden erfassen einen Asteroiden ohne die geringsten Anzeichen von technischem oder intelligentem Wirken auf der Oberfläche, allerdings kann man interessanterweise deutlich anmessen, daß sie von der Technik des Asteroiden erfaßt worden sind. Damit würde die Positronik eindeutig erkennen, daß ihre Tarnung aufgeflogen sein muß, da wir dem Asteroiden außerdem noch eindeutig folgen..."

„Wir werden angefunkt!"

„Auf die Zentralerfassung!"

Eine Stimme in Interkosmo schnarrte maschinenhaft.

„...Identifikation des akonischen Beibootes! Halten Sie Abstand!"

„Wir müssen die politischen Wirren der Zeit der Produktion des Asteroiden berücksichtigen!"

„Du hast recht Kryzick Pschrenn, allerdings müssen wir auch alle möglichen politischen Wirren danach berücksichtigen, denn immerhin kann die Positronik dieses Raumflugkörpers auch noch über alle erdenklichen Wirren späterer Jahre informiert sein."

„Klar, Notan von Azur!"

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, dieser Blue war ein besonderes Exemplar seiner Gattung, immer zu provozierenden Scherzen aufgelegt.

„Die Sonden zeigen die äußere Erscheinung eines Felsbrockens mit einer Länge von etwa fünfhundert Metern und einer maximalen Breite von dreihundert Metern!"

„Danke Sinaria! Ich erinnere mich an einige Ereignisse, die man seinerzeit bei dem Vormarsch in Richtung Andromeda erlebt hatte!"

„Was soll das heißen, Notan, du erinnerst dich?"

„Das soll heißen, daß ich mich an einige galaktohistorische Aufnahmen erinnere, die zur Zeit der Auseinandersetzungen mit den Meistern der Insel..."

„Was?!"

„Ja, Sinaria! Im Jahr zweitausendvierhundert alter Zeitrechnung, war man mit den Meistern der Insel vollauf beschäftigt!"

„SONSTWAS, gib uns Daten über den Geheimsatelliten Troja auf den Schirm!"

„Klaro ill Kommandante, auf den Schirm!"

Die Daten, die über den Schirm schwirrten, zeigten daß der Geheimsatellit Troja eine Länge von dreißig Kilometern gehabt hatte, alle weiteren Daten interessierten mich nicht weiter.

„Ermittle, ob es noch kleinere ähnliche Einheiten gegeben hat!"

„Es hat!"

SONSTWAS hatte erstaunlicherweise alle notwendigen Informationen in seinen Speichern.

Man hatte damals mehrere kleinere Asteroiden ausgehöhlt und sie als kosmische Trümmerstücke nach Andro-Beta geschickt, weil man sich so erhoffte, unauffällig in den Machtbereich der Meister der Insel vorzudringen.

„Weißt du denn auch, ob einer dieser Asteroiden auf unerklärliche Weise verlorenging?"

„Insgesamt fünf gingen verloren!"

„Dann besteht ja wohl eine ziemlich große Wahrscheinlichkeit, daß wir es mit einem dieser fünf verschollenen Asteroiden zu schaffen haben."

„Die Funkbotschaft wird ständig wiederholt! Wir sollen uns auf Abstand halten und nicht näher an diesen Asteroiden rangehen!"

„Wir antworten!"

„Wer, soll antworten? Ich, oder will einer von euch Organiden!"

„Ich werde antworten, SONSTWAS!"

„Gut, Kommandante!"

Vor meinen Augen erschien ein Hologramm, das mich an ein prähistorisches Mikrophon erinnern sollte, was mir verdeutlichte, daß ich nun direkt die Positronik des Asteroiden ansprechen konnte.

„Hier Beiboot dreiundzwanzig der Sichel Akons. Alle Erfordernisse der Geheimhaltung sind hinfällig, die Meister der Insel sind besiegt!"

Sinaria blickte mich an, als wolle sie an meinem Verstand zweifeln.

„Bestätigt! Was hatten die Akonen mit den Meistern der Insel zu tun?"

Die lapidare Antwort und die nachfolgende Frage hatten dafür gesorgt, daß die zuvor monotone Aufforderung zur Identifikation verstummt war.

Was wollte die Positronik nun bestätigen?

Ich machte eine wegwischende Handbewegung, das Hologramm des Mikrophons erlosch vor meinen Augen.

„Welchen Kurs hat dieser Asteroid eingeschlagen?"

„Eindeutig eine immer enger werden Spirale in Richtung Sonne!"

„Mit anderen Worten ein Kurs der Selbstvernichtung!"

Gedanken rasten durch die Windungen meines Gehirns.

„Stella Maris soll `mal herkommen! Wie lange dauert es, bis der Asteroid unrettbar verloren ist?"

Bei Stella Maris handelte es sich um die einzige geborene Terranerin an Bord, ich hoffte, daß es Vorteile bringen konnte, wenn sie mit der Positronik des Asteroiden Kontakt aufnahm.

„Sechzig Stunden und dreiundzwanzig Minuten! Wenn man den Stand der damaligen Triebwerkstechnik berücksichtigt, immerhin hätte der Asteroid mit einem modernen Metagrav auch später noch Chancen, sich aus eigener Kraft von der Sonne zu entfernen!"

„Und was ist, wenn die Triebwerke gar nicht mehr funktionieren? Vielleicht ist so ziemlich alles erdenkliche ausgefallen!"

Zischend öffnete sich das Schott der Zentrale.

„Was soll ich hier?"

Die Stimme Stellas klang müde und gelangweilt.

„Es tut mir leid, daß wir deine Ruheperiode unterbrechen mußten! Du mußt dich mit einem Asteroiden in Verbindung setzen, ihm klarmachen, daß du ein bevollmächtigter der Solaren Flotte bist und anordnen, daß er seinen Kurs ändert!"

„Dir hat nicht zufällig irgendwer irgendeine Droge in deinen Tee gemixt!?"

Kryzick Pschrenn erklärte ihr die derzeitigen Fakten, woraufhin sie sich neben mich setzte und äußerst konzentriert zuhörte, was ich ihr zu sagen hatte.

„Hier Stella Maris Kommandantin des terranischen Kreuzers Mykene! Die Mykene ist leider havariert, daher arbeiten wir nun in diesem Raumsektor mit den Akonen zusammen!"

Es war Stella tatsächlich gelungen eine gewisse Autorität in ihre Stimme zu legen.

SONSTWAS sendete den Erkennungscode der Solaren Flotte, wie man ihn vor zweitausendvierhundert Jahren benutzt hatte.

„Erbitte sofortige Identifikation des Asteroiden von der Trojagruppe!"

Unsere Rechnung schien aufzugehen.

„Hier Notbasis Paris! Die Umformerbänke sind zerstört! Diese Notbasis ist für Menschen nur noch bedingt geeignet! Unauffällige Zerstörung durch Sturz in die Sonne steht unmittelbar bevor und läßt sich aufgrund technischer Defekte nicht mehr aufhalten!"

Die Positronik hatte das Wort Paris ganz anders betont, als ich es kannte, ja ich hatte die Stadt auf Terra schon einmal besucht und hatte nie gehört, daß irgendwer die erste Silbe so stark betont hatte, wie das nun die Positronik tat.

Als das Hologramm des Mikrophons vor Stellas Mund erloschen war, erklärte sie uns Nichtterranern die Zusammenhänge des trojanischen Krieges, mit seinen Helden Paris, Achill und Odysseus.

„Du mußt Paris befehlen, alles erdenkliche zu unternehmen, um den Kurs zu ändern, oder wenn es noch möglich ist, sicherstellen, daß wir ungefährdet an Bord kommen können.!"

Sie nickte.

SONSTWAS ließ vor ihrem Mund wieder das Hologramm des Mikrophons entstehen.

„Stella Maris an Paris! Sofortiger Versuch, den Kurs zu ändern mit verlassen der planetaren Zonen des Systems!"

„Befehl bestätigt und anerkannt! Kurskorrektur nicht mehr möglich wegen Versagens der Triebwerke!"

„Öffne eine Schleuse, die groß genug ist, für diese Space-Jet! Wir werden an Bord kommen und eine Reparatur versuchen!"

„Schleuse für Space-Jet der Sichel Akons mit Stella Maris geöffnet! Warnung! Für die Sicherheit der Besatzung kann nicht garantiert werden!"

Stella sah mich an; ich nickte ihr nur zu.

„Wir werden einschleusen, Paris! An Bord dieser Space-Jet befinden sich neben Terranern auch Akonen, Springer, Blues und Topsider! Sie alle befinden sich zur Zeit im Status von Terranern und sind von dir dementsprechend als Terraner anzusehen!"

„Bestätigt!"

Das Mikrophon erlosch.

„Danke Stella, du warst phantastisch!"

Mir fiel kurzfristig ein mißbilligender Blick Sinarias auf, den ich aber erst später adäquat interpretierte.

„Nun wollen wir doch einmal etwas tun, was man nur mit einem akonischen Beiboot dieses Alters machen kann!"

„Was meinst du Notan?"

„Wir werden unsere garantierte Repatriierungsklausel vorbereiten, Milli!"

„Kannst du das auch übersetzen, Akone?"

„Klar, Stella, ich kann dir hiermit garantieren, daß wir diesen Asteroiden zu jeder Zeit mit Akons Sichel verlassen können, innerhalb von Sekundenbruchteilen!"

Alle in der Zentrale anwesenden starrten mich an, als würden sie mich für verrückt erklären wollen.

„SONSTWAS!"

„Ja, Meister!"

Irgendwie gefiel mir SONSTWAS immer besser, er schien sich in der Rolle des alten Akonenraumers sehr wohl zu fühlen und auch dabei mitzuspielen, unsere Begleiter verblüffen zu wollen.

„SONSTWAS! Bereitmachen für Absprengung Doppelring Beta! Vorherige Vorbereitung durch Ankopplung zweier Energiespeicher!"

„Ill Kommandante, es ist sicher nur ein einziger Energiespeicher erforderlich!"

„Das ist mir bekannt! Trotzdem wirst du zwei Energiespeicher ausschleusen und durch Roboter bereitschalten lassen!"

„Klar!"

„Gleichzeitig wird Ring Alpha vorbereitet um unsere Rückversicherung zu komplettieren!"

Sinaria setzte sich aufreizend auf die Lehne meines Sessels.

„Vielleicht würde Ill Kommandante in seiner unendlichen Güte seine untertänigsten Begleiter informieren!"

„Sicher würde Ill Kommandante seine Begleiter informieren, würde, wenn ihr nicht alle so mißtrauisch wäret!"

*

Majestätisch langsam bugsierte Milli unseren Diskusraumer über die Oberfläche des Asteroiden hinweg. Solche Situationen waren die einzigen, die mir in den Sinn kamen, in denen ich lieber in einer terranischen Space-Jet gesessen hätte, denn sie verfügte ebenso wie die arkonidischen Parallelmodelle über eine durchsichtige Kommandokuppel aus hochverdichtetem Panzertroplon. In einer terranischen Space-Jet hätten wir einen direkten Blick haben können, in diesem akonischen Modell mußten wir uns auf die an den Wänden befindlichen Hologramme verlassen. Die Hologramme hatten den Vorteil, daß man auch zusätzliche Informationen über die bildliche Darstellung projizieren konnte.

Der Asteroid sah aus, wie Tausende ähnlicher kosmischer Trümmerstücke, nichts ließ die Vermutung zu, daß es sich um einen Felsbrocken handelte, den Stellas terranische Vorfahren vor Jahrtausenden ausgehöhlt hatten, um sich in die damalige Höhle des Löwen, der Meister der Insel vorzuwagen. Stella hatte uns aufgeklärt und wir kannten mittlerweile Begriffe, wie ein trojanisches Pferd und eine Achillesferse.

Milli ließ die Space-Jet in Relation zur Eigenbewegung des Asteroiden Paris stillstehen.

„Seht euch das an!"

Myrna von Arkrim machte uns auf eine Bewegung auf der Oberfläche des Asteroiden aufmerksam.

„Ein Hangar öffnet sich! Wenn du wirklich die Absicht haben solltest..."

„Du kannst ja in einen SERUN steigen und uns hier erwarten, Myrna!"

Man hörte Sinaria an, daß sie sich über Myrnas Bedenken lustig machte. Myrna war erst vor wenigen Minuten in der Zentrale erschienen, sie hatte ihre Ruheperiode, ebenso wie Nurrta Mgolu, nicht vorzeitig beenden müssen, wie Stella Maris, die SONSTWAS ja wecken mußte.

Selbstverständlich gab es niemanden an Bord, der es nun in seiner Kabine ausgehalten hätte, alle saßen in der Zentrale und beobachteten aufmerksam die Geschehnisse außerhalb des Raumers.

Tatsächlich tat sich eine Öffnung im Felsen auf, die groß genug erschien, unsere Jet hineinzulassen.

Nurrta Mgolu hatte ebenso protestiert, wie Myrna von Arkrim, doch hatten wir bei einer Abstimmung das eindeutige Ergebnis von fünf zu zwei gehabt, wobei SONSTWAS sich auch dafür ausgesprochen hatte, den Versuch zu wagen, immerhin war er von unserer Repatriirungsklausel überzeugt.

Langsam ließ Milli die Sichel Akons in den Hangar schweben und setzte so auf, daß sich das kleine Beiboot wieder zwei Meter über dem Hangarboden schwebend verankerte.

„Seht euch das an!"

Sinaria machte uns darauf aufmerksam, daß sich über uns wieder die Oberfläche des Asteroiden schloß.

Ich sah mich unter meinen Gefährten um und unterdrückte das beklemmende Gefühl, das sich in meiner Magengegend manifestierte. Alle hatten ihre SERUNS geschlossen und sahen mich nun an, weil sie von mir Vorschläge über die weitere Vorgehensweise erwarteten.

„Gut Freunde! Wer wird mich begleiten?"

„Faszinierend, wie alle hier rufen!"

„Halt dich da raus, SONSTWAS!"

„Trotzdem, ich würde sofort mitkommen, wenn ich nur könnte! Aber gestatte mir, o Erhabener, dir einen Roboter in Akonengestalt mitzugeben, der dich in einen SERUN gehüllt in der unteren Polschleuse erwartet!"

„Danke, SONSTWAS!"

„Ich komm mit!"

Hatte ich richtig gehört, zwei Frauen hatten gleichzeitig gesprochen. Sinaria und Stella Maris waren aufgestanden.

„Gut, das dürfte auch reichen! Wir halten ständigen Funkkontakt und werden euch über ständige Bild und Tonerfassung informieren!"

*

Der Roboter, den SONSTWAS uns zur Verfügung stellte, sah tatsächlich aus, wie der berühmte Akone von der Ecke, er wäre an keinem bekannten Ort des Universums als Roboter aufgefallen.

„Du wirst jetzt Arthur heißen, ja, wir nennen dich Arthur von Zahn und du bist, zumindest so lange wir uns in diesem Asteroiden aufhalten, ein Terraner! Vielleicht ist es nicht schlecht, wenn wir mit dir zwei Terraner vorzuweisen haben!"

„So, so der Kunstmensch und ich, wir sind also deine Terraner vom Dienst, zum Vorzeigen gedacht!"

Stella Maris lachte über ihre eigenen Worte und machte sich bereit, die Space-Jet zu verlassen.

Wenn man bedachte, wie weit, hinter der aktuellen Technologie, die des Asteroiden Paris zurückhinkte, gingen wir nicht das geringste Risiko ein, doch konnte man sich noch sicherer und wohler fühlen, wenn man ein hochtechnisiertes robotisches Wesen mit syntronischer Steuerung zum Begleiter hatte, das so nebenbei noch über die modernsten Errungenschaften der Waffentechnologie des dreizehnten Jahrhunderts NGZ verfügte.

Wir standen in der Bodenschleuse, zwischen uns tat sich der Boden auf und wir vertrauten uns dem Antigravfeld an, das SONSTWAS für uns aktiviert hatte. Im Falle eines Ausfalls des Systems würden wir wahrscheinlich nicht einmal etwas bemerken, denn dann würde der jeweilige Pikosyn des SERUNS so schnell reagieren, daß wir schon über eine optische oder akustische Information über den Vorfall unterrichtet werden mußten. Wohlgemerkt, nur dann, wenn das Antigravfeld ausfiel, aber es fiel nicht aus, was auch nicht anders zu erwarten gewesen war.

Auf dem Boden des Hangars lag eine Staubschicht, die uns deutliche Spuren hinterlassen ließ, als wir, mehr aus nostalgischen, als erforderlichen Gründen, zu Fuß den Weg in Richtung Zentrale einschlugen.

Obwohl die Anzeigen unserer SERUNS eine atembare Sauerstoffatmosphäre anzeigten, ließen wir die Helme geschlossen.

Die typischen terranischen Wegweiser waren noch nicht verwittert und wiesen uns so eindeutig den Weg, wie sie es seit Jahrtausenden auf terranischen Raumschiffen taten.

Wir gingen durch Gänge, deren Beleuchtung aufflammte, wenn wir kamen und wieder verlosch, wenn wir im nächsten Abschnitt angekommen waren.

Arthur von Zahn bildete die Vorhut, Stella und Sinaria hatten wir in die Mitte genommen und ich bildete die Nachhut. Nichts an unserem Vorgehen hätte man als riskant bezeichnen können, immerhin trennten uns zweieinhalb Jahrtausende Technologievorsprung von diesem ausgehöhlten Asteroiden. Ein leicht beklemmendes Gefühl allerdings konnte ich nicht unterdrücken und fühlte mich schon fast bestätigt, als sich Milli aus der Space-Jet meldete.

„SONSTWAS hat festgestellt, daß sich der Untergrund, auf dem er sich verankert hat, bewegt und das schon seit geraumer Zeit! Wir befinden uns jetzt tiefer im Inneren des Asteroiden, hinter uns haben sich dickwandige Sicherheitsschotts geschlossen!"

„Sagt SONSTWAS, er soll den Doppelring Alpha mit mindestens zwei Energieaggregaten versehen und die notwendigen Daten justieren!"

„Alles klar, Ill Kommandante! Eine solche Maßnahme wurde sicher schon seit Jahrtausenden nicht mehr getroffen!"

Ich mußte grinsen.

Die Frauen waren stehen geblieben.

Arthur von Zahn stand vor einem stabil erscheinenden Schott.

„Hinter diesem Schott befindet sich die Kommandozentrale!"

Stella schob sich an ihm vorbei.

„Hier ist Stella Maris mit ihren Begleitern Arthur von Zahn, Sinaria und Notan von Azur. Öffne die Zentrale, Positronik!"

Augenblicklich fuhr das Schott zischend zur Seite und in der Zentrale flammte die Beleuchtung auf. Bildschirme, die noch über ein deutliches Flimmern verfügten und deren Dreidimensionalität nicht mit dem Standard der von uns bevorzugten Hologramme zu konkurrieren vermochte, zeigten das umliegende Sonnensystem mit der immer näher kommenden Sonne. Auf drei Bildschirmen war unsere Space-Jet zu erkennen und ich stellte mit Befriedigung fest, daß SONSTWAS die nötigen Maßnahmen getroffen hatte.

Nachdem wir eingetreten waren, verschloß sich das Schott wieder hinter uns.

„Willkommen in Paris, Terraner!"

Die Stimme war aus allen Richtungen gleichzeitig aufgeklungen.

„Was für Schäden liegen vor, verschaffe uns einen Überblick über die zu behebenden Schäden, Positronik!"

In diesem Moment fuhr Arthur von Zahn mit einer Geschwindigkeit herum, die ihn eindeutig als Roboter entlarvte und hatte eine Kombiwaffe im Anschlag.

Ich sah in die Richtung, in die seine Waffe deutete.

Eine flache Scheibe, wie sie mit absoluter Sicherheit kein Produkt terranischer, akonischer oder überhaupt galaktischer Technologie sein konnte, hatte zu flimmern begonnen.

„War das Ding schon hier, als wir eintraten!"

Diese Frage konnte nur unser Roboter mit Sicherheit beantworten, denn er hatte alle seine optischen Eindrücke lückenlos aufgezeichnet.

„Das Ding war schon hier, reagiert habe ich wegen der starken Energieemissionen und des Flimmerns, das ihr jetzt auch sehen könnt!"

Ich beglückwünschte uns wortlos zu der Entscheidung einen Roboter mitgenommen zu haben.

Über der Scheibe begann die Luft zu flimmern und die Gestalt einer Frau wurde als Hologramm erkennbar. Die Qualität des Hologramms konnte sich mit der Technik des dreizehnten Jahrhunderts NGZ durchaus messen. Welche Intelligenzen verfügten schon vor zweitausendvierhundert Jahren über eine so perfekte Holotechnologie?

Die Frau war groß und hatte lange dunkle Haare. Mein Typ war sie nicht; mir gefielen Frauen, wie Stella Maris besser und natürlich Sinaria.

Das Hologramm der Frau blickte in unsere Richtung.

Da wir relativ eng beisammenstanden, signalisierte ich meinen Gefährten, sich über die Zentrale zu verteilen.

Nun blickte das Hologramm der Frau abwechselnd einen nach dem Anderen von uns an.

„Ihr werdet euch sicher fragen, wie es geschehen konnte, daß ein Produkt eurer Technologie sich so weit von seinem Ursprung fortbewegen konnte!"

Sie machte eine Kunstpause und ich mußte ihr Recht geben, diese Frage stellte ich mir seit dem Sinaria diesen Fels geortet hatte. Sie hatte einwandfreies Interkosmo gesprochen, ein Interkosmo, wie man es auf fast allen Planeten der Galaxis redete.

„Als ihr unseren Machtbereich gestört habt, seit ihr auf eine Technik gestoßen, die der euren weit überlegen war. Hättet ihr nicht eure Mutanten gehabt, und die Unsterblichen..."

Ich mußte mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, daß es sich bei der Frau, die drohend vor uns stand, nur um ein perfektes Hologramm handelte, das von der Scheibe projiziert wurde, auf der sie stand, und daß man in dieser Scheibe mit ziemlicher Sicherheit eine relativ leistungsstarke Positronik eingebaut hatte, die nun einen wahrscheinlich vor Jahrtausenden vorbereiteten Text zu uns sprach und die Bewegungen der Holographie steuerte.

Die Frau, die uns vorgegaukelt wurde, hob ihren Arm und griff sich einen eiförmigen Gegenstand, der ihr an einer Kette vom Hals herunterbaumelte; dieses Detail war mir zuvor noch nicht aufgefallen, weil ich mich mehr auf ihre überdeutlich vorhandenen weiblichen Reize konzentriert hatte.

Aber konnte dieses Hologramm auch direkte Fragen beantworten?

„Und wie kamest du hierher?"

Tatsächlich sah die Frau jetzt nur noch in meine Richtung.

„Glaubst du, daß jemand, der das Sonnensechseck konstruiert hat, nicht in der Lage ist, eine so weite Entfernung zu überbrücken?"

Die Frau lachte.

„Jetzt seit ihr hier und jetzt seit ihr mein spätes Opfer der Rache!"

„Was soll das? Du bist nichts weiter als ein Hologramm!"

„Klar, aber wenn jemand so gewaltige Entfernungen überbrückt und euch in Form eines Hologrammes entgegentritt, sollte dieser Jemand dann nicht auch in der Lage sein, euer Leben genußvoll zu beenden?"

Sie sah uns der Reihe nach an.

„Ich vermisse den alten Arkoniden und euren Oberterraner, Perry Rhodan. Oder wollt ihr mir die erfreuliche Nachricht überbringen, daß die beiden die kosmische Bühne verlassen haben?"

„Wir wollen gar nichts besonderes, Faktor 1! Vielleicht können wir auf einer friedlicheren Basis miteinander weiterreden!"

Durchdringend sah sie mich an.

„Klar können wir weiterreden! Wir müssen sogar weiterreden, denn was sonst solltet ihr noch tun können."

Nun war es an mir zu lachen.

„Wir werden beispielsweise diesen Asteroiden untersuchen, insbesondere die nichtterranische Technologie. Ich halte die Hexenjagt, die man vor Jahrtausenden auf die Technik der Meister der Insel gemacht hat, für einen eklatanten Fehler, den man so schnell nicht wieder gutmachen kann. Übrigens, seit wann hat dieser Asteroid Kurs auf die Sonne genommen?"

„Seit dem ich sicher war, daß ihr angebissen habt. Ihr habt den Köder geschluckt, oder sagen wir einfach, der Köder hat euch geschluckt! Ihr werdet mit dem Asteroiden in die Sonne stürzen!"

Dann wollen wir aber lieber in unserer Space-Jet sitzen!"

„Meinst du, daß euch das etwas nützen kann?"

Ich zuckte mit den Achseln und wandte mich an unseren robotischen Begleiter.

„Kannst du diese Scheibe mit dem Holographen mitbringen und auch alle anderen Dinge, die nicht terranischen Ursprungs sind?"

„Klar kann ich das!"

„Gut, meine Damen! Wir werden uns zur Space-Jet zurückziehen und einige der Roboter werden alles nötige bergen!"

Ich deutete eine Verbeugung in Richtung Holographie an.

„Ich fürchte, Gnädigste, wir werden dich mitnehmen. Der alte Arkonide wird sich sicherlich über ein solches Souvenir freuen können!"

Die Holographie war erloschen, als Arthur von Zahn die Scheibe an sich genommen hatte.

*

Die Roboter hatten den gesamten Asteroiden untersucht und alles, was von den Meistern der Insel an Bord war, gesichert und in die leeren Laderäume der Space-Jet gebracht. Der Kurs des Asteroiden ließ sich nicht mehr ändern.

Myrna von Arkrim machte ihrem Unmut Luft.

„Wenn wir uns den Weg freischießen wollen, werden wir zusammen mit dem Asteroiden detonieren!"

„Wer redet denn von Weg freischießen? Wir werden von unserer Repatriierungsklausel Gebrauch machen, immerhin müssen wir Atlan doch zumindest den Holoprojektor zukommen lassen!"

„Und wie?"

„SONSTWAS an Ill Kommandante! Es wird Zeit, daß wir den Asteroiden verlassen!"

„Gut, dann bitte ich alle organischen Passagiere auf ihre Plätze. Arthur, du kannst das Holo aktivieren!"

Die Scheibe begann zu flimmern und die Frau entstand wieder in Lebensgröße.

„Siehst du, auch du bist in unserer Space-Jet!"

„Warum nicht, es ist unerheblich ob ihr und ich hier sind, oder an einem beliebigen anderen Ort des Asteroiden, es gibt kein Entrinnen!"

„Doch! SONSTWAS, hast du alles justiert?"

„Klar, Boß!"

„Gut, dann bring uns hier raus!"

Auf den Bildschirmen konnte ich erkennen, wie der Doppelring Alpha aufzuglühen begann, bis er eine Strahlungshelligkeit erreichte, die nicht nur die ganze Halle ausleuchtete, in der sich Space-Jet befand, sondern auch für ein Herabblenden der Bildschirme sorgte. Blitzend leuchtete das Entstofflichungsfeld eines Transmitters auf...

Im selben Sekundenbruchteil rematerialisierte unsere Space-Jet mit uns allen an Bord im Doppelring Beta, weit außerhalb des Asteroiden, den wir immer kleiner werdend in der Korona der Sonne verschwinden sahen, bis er noch einmal kurz aufglühte.

Ich wandte mich dem Hologramm zu.

„Siehst du, das war akonische Transmittertechnologie! Der alte Arkonide wird sicher bedauern, dass du nur ein Hologramm bist, Mirona Thetin!"



Notan von Azur: Akone
Sinaria: Springerin
SONSTWAS: Syntron des Raumers Akons Sichel
Milli: Topsiderin mit unaussprechbarem Namen
Stella Maris: Terranerin
Kryzick Pschrenn: Blue
Myrna von Arkrim: Arkonidin
Nurrta Mgolu
Mirona Thetin: Nur ein Hologramm

Copyright Autorenagentur.de

zurück zu Autorenagentur

made by: muellers-bueros