Wie schon in den vorherigen Jahren, brauchte unsere skatspielende Bewohnergruppe noch eine Begleitperson.

Wieder gab es einige Schwierigkeiten einen Zielort zu bestimmen, mit dem einerseits alle einverstanden waren und der andererseits nicht zu weit entfernt war.

Um nicht im Harz oder einer anderen wenig interessanten Ecke Mitteleuropas zu landen, ließ ich schon einige Tage bevor wir uns zusammensetzten, Karl-Heinz, Willi und Dieter gegenüber den Begriff Amsterdam fallen, mit der anschließenden Bemerkung wie schön es dort sei und dass das sicher ein gutes Ziel für unsere diesjährige Fahrt sein würde.

Andreas, unser Ergotherapeut der immer zum Weißenhäuser Strand in Ostholstein wollte, um alte Erinnerungen an bessere Zeiten aufzufrischen, war äußerst überrascht, als er feststellen musste, dass unsere Bewohner sich schon eine Meinung gebildet hatten und doch lieber 'mal nach Amsterdam fahren wollten, weil man dort etwas geboten bekäme.

Nun nachdem die erste Hürde genommen war, brauchte ich meinen Amsterdamfahrtbegleitern nur noch klarzumachen, dass man bei einer solchen Fahrt kein Hotel vorzubuchen brauchte, weil es da ja wohl genug Hotels geben musste.

Schön und gut.

So fuhren wir dann an einem regnerischen Samstagmorgen los, Willi, Karl-Heinz, Dieter und Manfred, sowie Andreas und ich als Begleitpersonen. Die Fahrt wurde durch einjährige Sparmaßnahmen der Bewohner und die Selbstbeteiligung des Beschäftigungstherapeuten und meiner Person finanziert.

Ich fuhr den von der Aktion Sorgenkind gespendeten alten VW-Bus die ganze Strecke - Andreas und ich hatten uns den Job für dieses Wochenende aufgeteilt, Andreas verwaltete Geld und Medikamente und ich fuhr den Wagen.

Über die Fahrt kann man nicht viel berichten, aber in Amsterdam waren wir dann überrascht, keinen geeigneten Parkplatz zu finden. Wir hatten uns darauf verlassen, unseren VW-Bus auf einen Behindertenparkplatz zu stellen, weil ich mich vorher erkundigt hatte, wussten wir, dass es solche Parkplätze in Amsterdam gab; nur waren diese Parkplätze alle reserviert für behinderte Anwohner und man hätte sich Wochen vorher bei der Stadtverwaltung eine spezielle Legitimation für die Stadt besorgen müssen.

Nun gut, wir fanden an irgendeiner Gracht einen freien Platz und parkten dort.

Meine Mitreisenden hatten Hunger, daher gingen wir zunächst in ein internationales Restaurant, das ich gegenüber der Bootsanlegestelle am Damrak gesehen hatte.

Da die Speisekarte in englischer Sprache gehalten war und die junge Dame, die die Kellnerinnenrolle innehatte nicht deutsch sprach, war es meine Aufgabe zu dolmetschen. Willi, Karl-Heinz, Dieter und Manfred hielten sich zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Land auf, in dem nicht obligatorisch deutsch gesprochen wurde; sie waren voll der Bewunderung, konnten sie doch nicht hören, wie stark mein deutscher Akzent durchzuhören war.

Andreas, der einige wenige Brocken englisch beherrschte, verstand zumindest gut die Hälfte der gesprochenen Worte, seine sprachlichen Stärken waren neben deutsch noch polnisch und russisch, aber damit kamen wir in Amsterdam nun wirklich nicht weiter.

Das Essen war ausgezeichnet und ich konnte meine Freunde überreden, gleich anschließend eine Grachtenrundfahrt zu machen, somit brachten wir direkt nach dem Essen nicht den Weg zu unserem VW-Bus zu gehen, sondern konnten uns noch einen Aufschub für den Weg von einer guten Stunde genehmigen.

Die Rundfahrt durch die Grachten zog sich tatsächlich ungewöhnlich in die Länge, weil an diesem Samstag wohl eine Ruderbootwettfahrt stattfand. Bei den Ruderbooten handelte es sich um normale ziemlich breite Boote und zum Teil um Rettungsboote von größeren Schiffen. Die ganze Angelegenheit schien für die Teilnehmer mehr den Sinn einer Gaudi als einer Wettfahrt zu haben.

Dadurch, dass sich diese Bootsfahrt so lange hingezogen hatte, wurde es dann doch Zeit, ein Hotel zu suchen.

Wir gingen also los, nachdem die Grachtenrundfahrt endlich zu Ende war und fanden uns in einer seltsamen Einkaufsgegend wieder. In den Schaufenstern wurden gar keine zu verkaufenden Gegenstände angeboten, tatsächlich waren die Schaufenster so ziemlich leer.

Nachdem einige Hotels besetzt, beziehungsweise ausgebucht waren, meine Begleiter wurden immer ungeduldiger und es kostete mich schon einige Überredung, ihnen klar zu machen, dass es wirklich keinen Sinn hatte, den VW-Bus zu suchen und nach hause zu fahren, fand ich eine Art Etablissement in dem noch ein Zimmer mit fünf Betten frei war.

Ein Zimmer mit fünf Betten.

Andreas sah sehr skeptisch aus und wollte sich das Zimmer erst einmal ansehen.

Ich machte die Sache sofort mit dem Manager fest, um zu vermeiden, dass wir noch länger nach einem Hotel mit freien Zimmern suchen mussten.

Tatsächlich mussten wir Manfred mit vereinten Kräften die sogenannte Treppe hochwuchten; aufgrund der engen Raumverhältnisse hatte man in Amsterdam kleinere und engere Treppenhäuser zugelassen, für größere Lasten hatte man an der Grachtseite einen Ladebalken mit Umlenkrolle installiert, nur, nachdem wir Manfred schon den halben Weg hinaufbefördert hatten, beschlossen wir, auch noch den Rest des Weges zu schieben und zu zerren und nicht dieses Gewicht der Umlenkrolle anzuvertrauen.

Das Zimmer war klein, zu klein.

Die Betten waren...

Eigentlich waren es keine Betten, aber das war nicht das geringste Problem.

Mein Kollege Andreas wusste genau so gut wie ich, dass unsere Bewohner bis vor einiger Zeit in ähnlich kleinen Betten mit bis zu vier Personen in einem Zimmer gewohnt hatten.

"Fünf Betten! Aber wir sind sechs Leute!"

"Na und, Andreas! Der Manager hat mir eine Matratze versprochen, ich schlafe auf dem Fussboden!"

Ohne die erstaunten Gesichter meiner Mitreisenden zu beachten drehte ich mich um und holte vom Flur aus einem Schrank die Matratze, von der der Manager geredet hatte.

"Bitte sehr!"

"Und auf dem Dingen willst du Schlafen?"

"Warum nicht, da kann ich nicht runterfallen, im Gegensatz zu dir!"

Tatsächlich handelte es sich bei den Betten um Holzkästen mit Schamgummiauflage.

Wir beschlossen, am Abend noch 'mal richtig schön was Trinken zu gehen.

Manfred, für den der Tag aus den unterschiedlichsten Gründen mehr als anstrengend ware




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