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Dies ist eine winzige Leseprobe, nur zur Einstimmung in das Genre Krimi.



Metromania

Ich sah mich gelassen um.
Oder vielleicht hätte ich einen unbeteiligten Beobachter von meiner Gelassenheit überzeugen können.
Niemand der Anwesenden machte den Eindruck, mich zu verfolgen.
Trotzdem würde ich wohl wieder den Metrowagen wechseln müssen, selbst auf die Gefahr hin für paranoid gehalten zu werden.
Die anderen Fahrgäste saßen auf ihren Sitzen, wobei es sich naturgemäß bei mehr als der Hälfte der Sitzplätze um Notsitze handelte.
Die Fahrt wurde langsamer und die Beleuchtung heller, als der Wagen der Metro in dem ich mich befand, in die Metrostation einfuhr.
Mit schnellen Schritten war ich an der Tür.
Menschen gingen entlang des Bahnsteiges in Fahrtrichtung des Zuges nach vorne.
Lange ebenmäßige Beine fielen mir auf, Beine die grazilen Schrittes vor mir hergingen und in schwarzen Hotpants endeten, die ihrerseits in Taillengegend von einer ebenfalls schwarzen Lederjacke bedeckt wurden.
Lange schimmernde schwarze Haare schlossen den flüchtigen Eindruck ab.
Der Metroplan über dem Ausgang zeigte mir, dass ich noch vier Stationen weit zu fahren hatte.
Der gepflasterte Bahnsteig bewegte sich langsam vorbei und kam schließlich zum Stillstand.
Ich ergriff den Hebel und bewegte ihn um circa neunzig Grad nach oben.
Zischend glitten die beiden Türhälften pressluftbetrieben auseinander.
Ich sprang hinaus und ging eiligen Schrittes weiter nach vorn in Fahrtrichtung der Metro.
Mit mir taten es einige andere Menschen, die allerdings im Gegensatz zu mir in der Metrostation auf die Ankunft des Zuges gewartet hatten.
Die Fahrgäste, die nach mir ausstiegen strebten eilig dem mit Sortie gekennzeichneten Ausgang entgegen.
Ich bewegte mich in einer Menschentraube und versuchte mich unauffällig davon zu überzeugen, dass mir tatsächlich niemand folgte.
Leute die zur Arbeit eilten, andere die unterwegs waren um einzukaufen und natürlich einige, die das obligatorische Baguette unter dem Arm trugen.
Es schien mir tatsächlich niemand zu folgen.
Ich sprang in den nächsten Metrowagen und befand mich somit wieder im selben Zug, nur im nächstvorderen Waggon.
Nur noch ein einziger Wagen befand sich vor mir, ich war also fast an die Spitze des Zuges vorgestoßen.
Die Türen schlossen sich und die Metro begann sich vehement in Bewegung zu setzen.
Ich befand mich im hinteren Teil des Waggons und stand in der Nähe des Ausgangs.
Mein Blick fiel nach vorn, der nächsten Metrostation entgegen. Wie immer trafen meine Blicke auf teilnahmslose Menschen, denen das tägliche Fahren in der Metro von Kindesbeinen an zur Selbstverständlichkeit geworden war.
Nichts war an dieser Situation außergewöhnlich, nicht der Erwähnung wert, bis auf...
Tatsächlich, meine Vermutung hatte mich nicht getäuscht!
Bis auf die Tatsache, dass meine Blicke nun den Blicken einer Frau begegneten.
Der geneigte Leser mag vermuten, dass das nichts besonderes ist, und ich muss dagegenhalten, dass dies eine so auffällige Besonderheit ist, dass sie fast jeden Menschen, der tagtäglich mit der Pariser Metro fuhr, aus der Fassung geworfen hätte.
Ein eindeutig asiatisch geprägtes Gesicht, von einer Formvollendung, wie sie mir noch nie in asiatischen Gesichtern aufgefallen war, ein Gesicht, wie es unter tausenden nicht eines gab.
Der Anblick dieser Frau ließ mich meine Verfolger vergessen, fast vergessen.
Ich blickte mich um, tatsächlich machte ich durch die Scheibe, im hinter uns befindlichen Waggon, einen meiner Verfolger aus. Er hatte sich, der besseren Sicht wegen, von seiner Sonnenbrille getrennt, was seine Erscheinung nicht sympathischer machte.
Im Hintergrund nahm ich noch den Mann wahr, der meine Verfolger beauftragt hatte; er schien gewillt zu sein, seinen Triumph so richtig auszukosten, wenn man meiner habhaft geworden war.

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