Die achtjährige
Karoline wohnt bei ihrer Oma ganz weit draußen auf dem Land.
Sie haben einen kleinen Bauernhof mit vielen Tieren. Wenn Karoline
zur Schule geht, muss sie 2 Stunden zu Fuß laufen, leider fährt
kein Bus und auch keine Bahn und die Oma ist zu alt um Auto zu
fahren. Den langen Schulweg nutzt das Mädchen um sich die Natur
anzuschauen und auch zu träumen. Nur vergisst sie darüber
manchmal die Zeit.
Es war mal wieder
Frühling, die Sonne hatte schon genug Kraft das Gras grün
werden zu lassen und die ersten Blumen waren auch schon auf der
Wiese, am Himmel flogen die Vögel frisch aus Afrika zurück.
Alles lebte und zwitscherte froh durcheinander. Die Bäume
bekamen ihre Blätter und Karoline war richtig froh und glücklich
als sie nachmittags nachhause lief zur Großmutter. Die Augen
oft am Himmel, Vögel beobachten wie sie zwitschernd und pfeifend
durch die Lüfte flogen.
Da, da stimmt doch was
nicht, denkt das Mädchen, irgendwas ist da nicht in Ordnung. Sie
stellte ihren Ranzen auf das Gras und lief schnell zu einem Baum auf
dem 2 Elstern saßen und wild mit den Flügeln schlugen und
laut schreien. Die Elstern schauten immer auf den Boden. Auch
Karoline schaut auf den Boden und sieht da doch tatsächlich ein
Vogelei liegen. Ach du liebest Zeit denkt die Kleine, was mach ich
jetzt nur. Vom Naturkundeunterricht in der Schule weiß sie,
dass man Vogeleier nicht berühren soll da sonst die Eltern das
Ei nicht mehr bebrüten. Was nun, sie überlegt, schaut noch
mal zu den Elstern auf den Baum, hoffnungslos. Die Vögel können
das Ei selber nicht ins Nest zurück bringen und sie kann es
nicht anfassen. Was nun! In ihrer Hilflosigkeit nimmt das Mädchen
das Ei und steckt es in ihre Tasche. Ganz vorsichtig geht sie zu
ihrem Ranzen und schnell heim zu Oma. „Oma schau, was ich hier
habe!“ Die Oma war beim Kochen und schaute nur kurz hin und
meine: „Ja, ja, was das wohl wieder sein wird!“ Oma
kochte unberührt weiter und kümmerte sich nicht weiter um
Karoline. Die Kleine, etwas beleidigt dachte sich, na gut, wenn du
nicht willst bekommst du mein kleines Ei nie zu sehen und geht damit
in ihr Zimmer. Karoline hatte ein schönes kleines Zimmer, darin
stand ein Bett, ein Tisch mit einem Stuhl und ein kleiner Schrank.
Zum Heizen war ein kleiner Holzofen in der Ecke, damit wurde das
Zimmer im Winter beheizt, wenn es ganz kalt war, nur jetzt im
Frühling war natürlich kein Feuer im Ofen. Sie nahm etwas
Papier, zerknüllte es und stopfte es in das Ofenloch, darauf
legte sie kleine Stücke Holz. Jetzt noch das Streichholz ans
Papier gehalten und schon brannte das Feuer. Prima, dachte sich
Karoline, jetzt brüte ich eben das Ei aus. Sie nahm das Ei und
wickelte es in das Handtuch und das Bündel legte sie dann so
neben den Ofen, dass es zwar warm war aber nicht verbrannte. So, das
wäre geschafft, mal sehen was daraus wird.
Es war Freitag als
Karoline das Ei fand, zum Glück, denn so konnte sie übers
Wochenende sich um das Ei kümmern, es darf ja nicht kalt werden
oder zu heiß wäre auch nicht gut. Die Oma wunderte sich,
das kenne ich an der Karoline gar nicht, dass sie nur auf ihrem
Zimmer ist, na ja, wenn die Oma wüsste aber so ist es eben, Omas
wissen viel aber doch nicht immer alles. So verbrachte also Karoline
den Samstag und auch den Sonntag hauptsächlich in ihrem Zimmer
und schaute auf das Ei. Doch da, es war am Sonntagnachmittag, was ist
denn das? Das Ei war an einer Stelle kaputt, oh je, habe ich es
kaputtgemacht? Hab ich nicht genug aufgepasst? Karoline machte sich
schon Vorwürfe doch da sah sie einen kleinen gelben Schnabel aus
dem Ei rausschauen, ja du liebe Zeit die kleine Elster kommt zur Welt
und Karoline kann genau zusehen. Sie war so aufgeregt, sollte sie der
Oma rufen? Ach nein, die hat ja doch keine Zeit. Und so saß das
Mädchen ganz alleine vor dem Ei und sah, wie sich ganz langsam
der kleine Vogel aus dem Ei befreite. Was für ein süßes
kleines Küken, was mach ich damit, darf ich es anfassen? Was
gebe ich ihm zu fressen? Fragen über Fragen und das Mädchen
war doch ganz alleine. Jetzt geht es nichtmehr anders, sie muss doch
die Oma holen. Mit gemischten Gefühlen geht das Mädchen ins
Wohnzimmer, wo Oma Sonntags immer saß und strickte. „Oma,
ich muss dir was sagen“ Oma schaut auf, und sagte: „ Ja
was denn mein Kind?“ „Ich hab in meinem Zimmer einen
kleinen Vogel, kommst du mal bitte und schaust ihn dir an?“ Die
Oma linst ungläubig über ihre Brille steht aber doch
langsam und behäbig auf. Kann ja doch nicht schaden, wenn man
mal nach dem Rechten sieht. Im Zimmer schlägt sie die Hände
überm Kopf zusammen und sagt: “Ja du liebe Zeit, was ist
denn das? Woher hast du denn das Ei?“ So erzählte die
Kleiner der Oma alles, wie sie das Ei gefunden hat und wie sie es zum
Ofen nahm um es zu wärmen. Ja Kind, das Küken müssen
wir auch füttern mit Würmern sonst muss es sterben. Das
Mädchen schaute ihre Oma mit großen Augen an, oh je, wo
bekommen wir Würmer her Oma, fragt sie ganz kleinlaut und
ängstlich. „Das ist doch kein Problem“ sagte Oma,
„wir graben im Garten im Kompost da werden wir schon Futter für
deinen kleinen Piepmatz finden.“ Gesagt getan, am
Sonntagnachmittag gehen die 2 mit einem Spaten in den Garten zum
Kompost und fangen an zu graben. Oma hatte recht, was waren da für
Würmer, Karoline war total erstaunt als sie das sah, was sich so
in einem Komposthaufen aufhält. Würmer in allen Größen.
Sie nahm ihr mitgebrachtes Marmeladeglas und stopfte da Würmer
rein, soviel sie kriegen konnte, noch etwas Erde und dann schnell
zurück zum Küken. Das saß auf seinem Handtuch und
streckte den Schnabel in die Höhe, Karoline nahm eine Pinzette
und legte einen Wurm in den offenen Schnabel der kleinen Elster und
siehe da, der nahm den Wurm und verschlang ihn gierig, sofort kam
aber der Schnabel wieder in die Luft und der Kleine bettelte wieder
nach essen. So ging das eine ganze weile bis der kleine Nimmersatt
endlich müde war und sich hinlegte zum Schlafen. Auch Karoline
war ganz erschöpft von der Aktion auch sie legte sich auf ihr
Bett und ist gleich eingeschlafen.
So ging das mehrere Wochen. Karoline war eine richtige Vogelmutter geworden, die kleine Elster hatte jetzt auch einen Namen bekommen, denn jeder braucht einen Namen. Lange hat Karoline überlegt, wie sie ihn wohl nennen soll und ist dann auf den Namen Lenz gekommen, weil Lenz der Frühling heißt und weil es Frühling war als sie das Ei gefunden hat.
Mit der Zeit bekam Lenz
richtige Federn, der Flaum verschwand. Er war auch ganz munter und
hüpfte schon im ganzen Zimmer herum, nichts war vor ihm sicher.
Jetzt wird er auch bald fliegen wollen, meinte die Oma! Wieder bekam
Karoline einen Stich ins Herz, er wird doch nicht von ihr fort
wollen? Nein, das will sie auf keinen Fall. Manchmal, wenn das
Wetter schön war, dann ist sie mit ihrem Lenz nach draußen
gegangen und der kleine Lenz ist auf der Wiese gehüpft und hat
sich selbst was zu fressen gesucht. Er ist aber nie weit weg gegangen
von seiner Karoline. Die Zwei waren unzertrennlich. Doch dann, an
einem Tag, es war schon Sommer, da hüpfte doch der Lenz auf
einen Stuhl, spreizte die Flügel und flog, er flog einfach hoch,
in den Himmel, er jubelte, man konnte sehen was er doch für
einen Spaß am fliegen hatte. Das Mädchen stand da, wusste
nicht ob es nun weinen oder lachen sollte. Was war das, sie konnte es
noch gar nicht richtig erfassen. Ihr Lenz war weg, einfach weg, ohne
sich noch mal nach ihr umzudrehen, ohne auch nur einen kleinen Gruß
aber er war doch so glücklich dabei, darf sie ihn weiter bei
sich halten, sie verstand die Welt nicht mehr. So traurig wie sie war
ging sie zu ihrer Oma und weinte bitterlich. Oma, Oma, schluchzte
sie, der Lenz ist weg, er ist einfach weggeflogen. Die Tränen
rollten über die Wangen. Oma nahm ein Taschentuch aus ihrer
Schürzentasche, putzte dem Mädchen die Tränen weg,
ließ es einmal kräftig schnäuzen und sagte: “Lass
ihm doch seine Freiheit, er ist ein Vogel, er will in die Luft. Wenn
du einmal groß bist wirst du auch von mir weggehen. Das ist so
im Leben, alles vergeht, das Schöne und auch das Böse. Sei
nicht Traurig, lass deinen Lenz in die Luft fliegen dazu würde
er doch geboren!“ Bei den tröstenden Worten der Oma hat
sich das Mädchen langsam beruhigt, doch traurig in ihrem Herzen
war sie noch immer.
Der Sommer verging,
langsam wurde es Herbst. Noch immer schaute Karoline zum Himmel, noch
immer hat sie Hoffnung dass ihr Lenz noch mal zu ihr zurückkommt
aber vergebens.
Der Herbst ging auch
vorbei und es wurde Winter. Hoffentlich geht es meinem Lenz gut,
hoffentlich hat er genug zu fressen. Immer dachte sie an ihn. An
Heiligabend ging sie raus in den Schnee mit einer Schale
Sonnenblumenkernen. Hoffentlich findet er die Kerne, er wird wissen,
dass sie von mir kommen.
Wieder war es Frühling,
wieder geht Karoline von der Schule heim, wieder musste sie an Lenz
denken. Ach wie war es doch schön mit ihm. Was hatten wir für
Spaß, wenn er Omas Glas über den ganzen Tisch schob, wenn
er an der Tischdecke zupfte bis etwas umgefallen ist oder als er mit
Omas Stricknadeln spielet und an der Wolle zupfte mit seinem Schnabel
aber leider, es war vorbei und Karoline war wieder sehr traurig bei
dem Gedanken an ihren Lenz.
Doch eines Morgens, es
war im April, klopfte was an die Fensterscheibe in ihrem Zimmer. Erst
hat sie es gar nicht wahrgenommen doch dann schaute sie nach was es
war und wie erstaunt war sie doch als da eine wunderschöne
Elster saß, die ohne scheu durchs Fenster ins Zimmer kam und
sich auf ihre Schulter setzte. Lenz, mein Lenz, bist du doch
wiedergekommen, Tränen der Freude liefen dem Mädchen über
die Wangen. Schnell lief sie, mit Lenz auf der Schulter zu Oma, Oma
schau- Oma schau schnell, Lenz ist wiedergekommen, mein Lenz ist
wieder da. Die Oma traute ihren alten Augen nicht als sie das Mädchen
mit der Elster auf der Schulter sah, das ist ja kaum zu glauben, wenn
ich es nicht selber sehen würde. Karoline, du Glückskind,
dein Vogel hat zu dir zurückgefunden.
So wurden das Mädchen
und die Elster unzertrennlich. Lenz flog zwar immer wenn er wollte er
kam aber auch immer zu seiner Karoline zurück.
Wenn jetzt das Mädchen
zur Schule läuft schaut sie noch immer zum Himmel nur fliegt da
jetzt ihr Lenz und begleitet sie. Solange Karoline in der Schule ist
wartet er auf einem Baum und dann gehen sie zusammen wieder heim.
Alle Leute, ob groß oder klein kennen Karoline und ihren Lenz.
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